Wie die Mutter so die Tochter?

Nur ein Spruch, oder was genau steckt hinter dieser Redensart? Und gilt das auch für unsere Beziehungen?

„Ich wollte nie so werden wie meine Mutter.“ Diesen Satz haben wohl die meisten Frauen zumindest schon mal gedacht. Um sich dann irgendwann einzugestehen: „Und bin es doch irgendwie geworden“.

Unsere erste und wohl wichtigste Beziehung ist die zu unserer Mutter. Sie beginnt schon im Mutterleib, wo bereits ein großer Teil des Drehbuchs geschrieben wird, das unser Leben bestimmt. Auch ihre Gene haben Einfluss auf die Entwicklung unserer Persönlichkeit, indem sie die Rahmenbedingungen abstecken, innerhalb derer sich diese entwickelt. So waren Temperament und Wesenszüge im Ansatz quasi unser erstes Geburtstagsgeschenk unserer Eltern, welches dann im Laufe unserer Kindheit durch Erfahrungen und Erziehung noch gepimpt wurde.

Während dies natürlich auch für den Sohnemann gilt, geht’s dann spätestens im Kleinkindalter bei den Mädels richtig zur Sache. Soziologen wissen, dass das Mutter-Tochter-Verhältnis wesentlich enger ist als das Vater-Sohn-Verhältnis.

Denn nicht nur ihre Gene, sondern ihre gesamte Grundeinstellung geben Mütter an ihre Töchter weiter. Sie sind die ersten Bezugspersonen im Leben ihrer Mädchen. Sie vermitteln erste Eindrücke von Frausein, Schönheit und weiblichen Rollenmodellen in dieser Welt. Mehr noch, Mütter geben ihren Töchtern ihre Identität als Frau, als Mutter und sogar als Geliebte. Ich erinnere mich noch heute daran, wie ich in Mamas „Klackerschuhen“ mit Täschchen in der Armbeuge durch die Gegend gestöckelt bin. Heute laufe ich allerdings nicht mehr so rum ;-).

Am Beispiel unserer Mutter lernen wir, wie es ist, eine erwachsene Frau, berufstätig, Hausfrau und Partnerin zu sein – und eifern ihr nach. Phasenweise bewusst, oft eher unbewusst. Mit der Pubertät kommt es in der Regel dann zur notwendigen Abgrenzung. Doch so sehr Töchter auch postulieren, alles komplett anders machen zu wollen – wenn dies nur Revolte und nicht einen eigenen, konkreten „Gegenentwurf“ darstellt, bleibt es oft nur ein Lippenbekenntnis. Manchmal wird Töchtern erst nach Jahrzehnten klar, in welche Rolle sie von der Mutter gedrängt wurden. Lassen Sie das wirklich mal sacken und überlegen Sie ganz ehrlich, was genau an Ihrem heutigen Leben doch irgendwie mit Ihrer Mutter zu tun haben könnte.

Interessant ist auch der Einfluss, den Mama (zusammen mit Papa) auf unsere Beziehungsfähigkeit hat. Die Beziehung unserer Eltern, beziehungsweise deren Verhalten und Fähigkeiten innerhalb ihrer Beziehung, wird zu großen Teilen von den Kindern übernommen. Das elterliche Vorbild, die Rollenverteilung innerhalb einer Beziehung und wie miteinander und mit Konflikten umgegangen wird, ist in der Regel für den meisten Nachwuchs erst einmal DIE Definition von Beziehung. Wenn damals Teller an die Wand flogen − gefolgt von Tränen − ist es relativ unwahrscheinlich, dass das Töchterlein ihre Meinungsverschiedenheiten mit dem ersten Freund ruhig ausdiskutiert. Denn selbst wenn wir uns später unsere eigene Meinung über die Beziehung unserer Eltern bilden, ahmen wir deren Beziehungsverhalten doch oftmals (un)bewusst nach. Schmollen so lange, bis der Partner den Arm um uns legt. Und tut er es nicht, folgen weitere Dramen – oder? Und sollte es Ihnen damals auch sehr peinlich gewesen sein, wenn Ihre Eltern sich in der Öffentlichkeit knutschten und quasi Händchen haltend durchs Leben gingen – heute wäre dafür eher ein Dankeschön fällig.

Elterliche Beziehungsmuster wurden quasi automatisiert übernommen. So kennen die Kinder es und so können sie es erst einmal auch nur. Die Tools, es anders zu machen, sind ihnen von den Eltern nicht übergeben worden. Entweder eignen sie sich solche im Verlauf ihrer eigenen Beziehungen an, oder aber ihre Beziehungen werden denen der Eltern in frappierender Weise ähneln (was ja manchmal durchaus auch von Vorteil sein kann).

Übrigens wird die Partnerwahl einer Frau maßgeblich vom Vater beeinflusst. Nicht in der Form, dass Daddy nur die in seinen Augen geeigneten Kandidaten durchwinkt, sondern indem das Tochterherz (oftmals unbewusst) Typen favorisiert, die ihrem Vater in bestimmten Aspekten ähneln – oder (je nachdem, wie die Beziehung zum Vater ist) das komplette Gegenteil von ihm sind. Aber das ist eine andere Geschichte.

Falls das jetzt ziemlich starker Tobak war, hier ein Lichtblick: In neuem Licht sehen Töchter ihre Mütter dann, wenn sie selber Mutter werden. Meistens dann viel nachsichtiger, glücklicherweise ;-).


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