Geht es eigentlich gar nicht um die Bauch-OP?
„Ich hätte nie gedacht, dass die eigentlich banale Frage, ob ich mir den Bauch straffen lasse oder nicht unsere Beziehung auf eine Probe stellen würde“ sagt Anna nachdenklich. „Es hat sich richtig hochgeschaukelt zwischen uns. Ich frage mich, ob diese Sache vielleicht eine Stellvertreterfunktion hat, ob es hier um andere Dinge geht. Um Macht, darum, wer bei uns in der Beziehung die Hosen anhat. Unser Jüngster ist jetzt auf dem Gymnasium, er ist sehr gut in der Schule, er braucht mich am Nachmittag nicht zu Hause. Ich habe wieder angefangen, in einer Klinik stundenweise als Ärztin zu arbeiten.
Ich habe diesen Beruf geliebt, ich liebe ihn noch, ich freue mich, dass ich ihn wieder ausüben kann. Und Gregor freut sich mit mir, das vermittelt er mir jedenfalls. Es war keine Belastung für mich, die Medizin für die Familie an den Nagel zu hängen, ich habe mir das damals reiflich überlegt. Ob es Gregor verunsichert, dass ich wieder Geld nach Hause bringe, dass ich auch in einem sehr angesehenen Beruf arbeite? Dass ich nach außen hin jetzt wieder ein ganz anderes Standing habe? Ob er mich deshalb in die Schublade „schönes Frauchen“ drängen will, in die Kategorie „die perfekte Frau an seiner Seite“? Vielleicht treibt ihn das unbewusst?
Ich will Gregor nicht unterstellen, dass er mich bewusst abwerten will. Ich bin wirklich in mich gegangen, ich habe darüber auch intensive Gespräche mit Gregor geführt. Ich kann wunderbar mit ihm reden. Gregor wehrt das entschieden ab, dass er mir den Erfolg nicht gönnt und mich in die Ecke der attraktiven Anwaltsgattin verweisen möchte. Das werfen ihm einige Freundinnen von mir vor, die sich total aufregen, dass Gregor mich ermuntert, mich unters Messer zu legen, anstatt mich energisch davon abzuhalten.
An Gregor scheiden sich echt die Geister, viele meiner Freundinnen mochten ihn von Anfang an nicht, weil er dominant ist. Aber meine beste Freundin hat sofort erkannt, dass bei Gregor das Meiste Show ist. „Gut gebrüllt Löwe“, sage ich oft zu ihm. Ich liebe diesen Mann sehr. Mehr als meinen Beruf. Trotzdem möchte ich jetzt beides in meinem Leben haben. Eigentlich ist Gregor wirklich zahm, ich jedenfalls kann hervorragend mit ihm umgehen. Ich habe mich keine Sekunde in unserer Ehe von ihm unterdrückt gefühlt. Dass er mich jetzt aber drängt, mich unters Messer zu legen, dass stellt unsere Liebe echt in Frage.“