Im Nachhinein habe sie es jedenfalls genossen, ihrer Familie selbst die frohe Botschaft inklusive Funkelring präsentieren zu können. „Ach, Schatz, was sollen wir denn da groß mitmischen – ihr wisst doch sowieso, dass ihr unseren Segen habt!“, war die denkbar schönste Reaktion. Und für Sarah ein Game-Changer. „Ich hatte mir dieses Szenario nie vorgestellt, weil ich immer dachte, sie wüssten eh vor mir Bescheid“, sagte sie uns. „Aber diese Überraschung, die Freudentränen, das vergess ich nie.“
Heiraten geht genau zwei Menschen etwas an
Ich war froh über diesen Ausgang, doch irgendwie konnte ich Sarah auch verstehen. Denn weibliche Selbstständigkeit und eine klassische Hochzeit schließen sich auch für mich nicht so zwingend aus wie für Eva und Marie. Einmal im Leben Prinzessin sein mit allem rituellen Drum und Dran – warum denn nicht, solange man sich in der Realität genauso wenig unterbuttern lässt wie beim Anschneiden der Torte? Doch auch ich musste zugeben: Sollte mich eines Tages jemand fragen wollen, würde ich das schon ganz gern als Erste erfahren. Und dann frei entscheiden, ob ich das eigentlich will, wie ich das will und wer davon erfährt – bevor meine Eltern anfangen, in Gedanken schon die Blumendeko zu ordern. Dass Heiraten heute mehr denn je Privatsache der Partner ist, zumindest in unserem Kulturkreis, das ist doch ein großes Glück. Eine Freiheit, die jeder mit seinen eigenen Träumen füllen sollte.
Im Zweifel: Vor dem Antrag Bedürfnisse abklopfen
Man kann es schnell und heimlich tun, 300 Menschen einladen oder nur drei, über Tage die eigene Liebe zelebrieren oder es kurz und knackig halten, man kann Köche engagieren, im Garten grillen und überhaupt alles genauso machen, wie man eben will. Der Antrag kann ausgefeilt und romantisch sein, begleitet von Geigen und Feuerwerk, von nichts als Meeresrauschen oder dem Ticken einer Uhr. Er kann ganz spontan kommen, aus dem Moment heraus, und außerdem ebenso gut vom Mann wie von der Frau. Man kann symbolisch um seine oder ihre Hände anhalten, wenn man denn will, oder es einfach lassen. Willkommen im Jetzt! Alles ist möglich und alles erlaubt – solange man die Bedürfnisse des anderen respektiert. Doch die muss man erstmal kennen. Dazu ist es ratsam, dem Partner schon im Laufe der Beziehung schonend zu vermitteln, wie man selbst zum Thema Hochzeitstraditionen steht. Sarahs Learning in diesem Fall: Wer liebt, ist nicht automatisch Gedankenleser.
Ob die Heirat von Freunden oder ein Film im TV: Gelegenheiten, ab und zu mal über die eigenen Vorstellungen zu sprechen, bieten sich doch eigentlich genug. Klar, dass man dabei nicht jeden großen Moment im Voraus zerreden sollte. Doch kennt der Partner einmal die eigenen Wünsche, kann er sie mit seinen abgleichen und Kompromisse finden. Und das ist doch letztlich, worum es in der Ehe geht.