Alles Reden hilft nichts
Wir Beziehungsratgeber sagen gern, es gibt für alles eine Lösung, man muss nur darüber reden. Ich sage Ihnen, Reden hilft hier herzlich wenig. Eine Lösung gibt es trotzdem und diese lautet: Entscheiden und sich von der Vorstellung lösen, dass es eine perfekte Lösung für alle gibt. Die Entscheidung könnten auch mal (und ganz entgegen des oben erwähnten Ratgebermantras) die Würfel oder das Los bringen. Zumindest hätte das den Vorteil, dass sich keiner übervorteilt fühlt und nur dem anderen zuliebe mitfährt. Oder das es zu Verantwortungs- und Schuldzuweisungen kommt, weil der eine Partner sich nicht entspannen kann oder der andere sich langweilt („Wären wir ans Meer gefahren, würden wir jetzt nicht bei Regen diesen Berg hinaufsteigen müssen!“).
Das Einzige worauf Sie sich wirklich gemeinsam in einem Gespräch einigen sollten, ist, ob sie überhaupt zusammen in die Ferien fahren wollen (auch das ließe sich natürlich auswürfeln, aber das ist was für Fortgeschrittene). Wenn klar ist, sie wollen gemeinsam verreisen und nicht grundsätzlichere Beziehungskonflikte auf dem Boden der Urlaubsplanung ausgetragen werden, dann akzeptieren Sie Ihre unterschiedlichen Bedürfnisse und verabschieden sich von der Vorstellung, Sie könnten Ihren Partner von den Wonnen Ihrer Urlaubsidee überzeugen. Wenn Ihre Aktivitäts- und Ruhebedürfnisse so verschieden voneinander sind, wie dies bei mir und meinem Ehemann der Fall ist, dann wird auch ein Kompromiss nicht dazu führen, dass es der Urlaub der Träume für beide wird. Ein Kompromiss ist eben nur ein Kompromiss und nicht die Erfüllung aller Wünsche.
Aber sowohl das Würfeln als auch der Kompromiss bieten eine großartige Chance: neue Erfahrungen zu machen, die jenseits Ihrer Vorstellungen sind. Seien Sie mutig, es lohnt sich. Vielleicht entdecken Sie ja ganz neue Seiten an sich oder einfach den fremden Planeten Ihres Partners. Das kann sehr anregend sein.
Mein Mann und ich haben unseren letzten Urlaub tatsächlich ausgewürfelt. Es war der erste Urlaub zu zweit nach der Geburt der Kinder und entsprechend hoch waren die Erwartungen, wir hätten Ewigkeiten ohne befriedigendes Ergebnis darüber verhandeln können, wie man das Wunderbare erreichen könnte und entschieden uns weise für die Zufallsinstanz.
Der Würfel entschied für die Insel, meine außereuropäische Großstadt verlor. Da lag ich nun im Sand des Indischen Ozeans, neben mir der Mann mit den fünf Büchern. Bis dato unbekannt war mir, dass ich es am Strand mehr als 30 Minuten aushalten kann. Aber es geht und was soll ich sagen: Es war herrlich!
Ich bin gespannt wohin der Zufall uns dieses Jahr treibt.