So gestalten Sie Ihre Beziehung affärensicher

Einmal untreu, immer untreu. Es gibt Studien, die belegen wollen, dass Untreue Veranlagung ist. Wie bewerten Sie das?

Vererbt oder erlernt: Die uralte Frage. Die Forschung scheint sich über eines einig zu sein: Zwar lässt sich eine gewisse Veranlagung genetisch nachweisen, soziale Faktoren scheinen jedoch den wesentlicheren Bestandteil auszumachen. „So bin ich halt, ich kann nicht anders“, erscheint mir auch als ein zu einfaches und jegliche Selbstverantwortung leugnendes Erklärungs- und Entschuldigungsmuster. Beim deutlich besser untersuchten Thema Alkoholismus, bei dem man mittlerweile von 50-60 Prozent Vererbung ausgeht, wird auch nicht jeder Mensch, der aus einer Familie mit Alkoholerkrankung stammt, selbst Alkoholiker. Und es heißt auch nicht, dass Menschen mit genetischer Prädisposition nicht einen gesünderen Umgang mit dem jeweiligen Suchtmittel erlernen können.

Nur 15 Prozent der Deutschen leben in einer klassischen Familienkonstellation, als Eltern + Kind in einer Wohnung. Ist das die Folge von Bindungsangst oder Beziehungsvermeidung oder sogar ein Auslöser, weil Kinder alternative Rollenvorbilder erleben?

Wir leben in einer Welt, in der es vielfältige Beziehungsmodelle gibt. Heutzutage leben Paare nicht mehr zwangsläufig in einer Wohnung, selbst wenn Kinder da sind. Eine große Anzahl Menschen sind alleinerziehend. Und natürlich lernen wir auch durch Beobachten und Nachahmen.

Ich sehe den Grund für die relativ niedrige Zahl der klassischen Familienkonstellation allerdings weniger in Bindungsangst und Beziehungsvermeidung, sondern eher in einem enormen Individualisierungs- und Selbstbestimmungsbestreben. Die Erwartungen an eine Partnerschaft sind immens hoch und oft verbunden mit dem Anspruch auf das größtmögliche Glück des Individuums, während andererseits zu wenig Wissen vorhanden ist, wie eine gelingende Partnerschaft funktioniert. Die Erfahrung, die ich in meiner Praxis mache, dass Paare durch einige wenige „Tricks“ lernen ihre Partnerschaft wesentlich erfüllender zu gestalten, und die hohe Zahl der scheiternden Beziehungen, zeigen für mich, dass hier „Trainingsbedarf“ vorhanden ist.

Cover Die Psychologie Der Untreue
Shirley P. Glass und Susanne Nagel (Übersetzung)
Die Psychologie der Untreue

ISBN-13: 978-3608980479
24,95 €
Verlag: Klett-Cotta

Weitere interessante Beiträge
Weiterlesen

Nicht-Monogamie und Psychotherapie: Warum es oft so schwer ist, faire Beratung zu erhalten 

Psychotherapien können in fast allen Lebenssituationen eine sinnvolle Stütze sein. Sie können auch grundsätzlich zufriedenen Menschen dabei helfen, die eigene Vergangenheit aufzuarbeiten, mehr Gelassenheit zu erlernen und stabile Partnerschaften zu führen. Doch was, wenn die eigene Beziehung aus mehr als zwei Personen besteht? Obwohl offene Beziehungen und Polyamorie in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind, ist sie in psychotherapeutischen Praxen oft noch ein Fremdwort. Oder gar ein Problem.