Sind Männer in Beziehungsdingen kommunikativ ihren Partnerinnen unterlegen?

Viele Frauen sind überzeugt: Männer können nicht (gut) kommunizieren. Bedeutet das, sie sind ihren Männern überlegen? Und was machen sie daraus?

Beim Thema scheiden sich die Geschlechter 

Interessant wird es nämlich, wenn wir uns anschauen, wann wer wo wie redet. Es ist der Kontext, der die Unterschiede macht. In beruflichen Zusammenhängen bringen sich Männer oft stärker ein. Wenn es darum geht, Durchsetzungskraft zu demonstrieren, haben Männer die größeren Redeanteile. Sie sind direkter und kompetitiv. Frauen hingegen unterbrechen weniger häufig. Sie hören aktiver zu und haben einen eher indirekten und kooperativen Sprachstil. Aber auch das ist sehr stark themen- und abhängig von der Gruppengröße.

Frauen bevorzugen den „privaten“ Rahmen, Männer den öffentlichen Raum.  Wenn wir in die Familie und Beziehung schauen, werden Frauen verbal aktiver und haben auch keine Scheu konflikthafte Themen anzusprechen. Gerade wenn es heikel wird, es nicht darum geht, einen Wettkampf zu gewinnen oder den eignen Status zu sichern, sondern „nur“ um Gefühle und Beziehung, halten Männer eher den Mund. Und tatsächlich sieht es so aus, als ob Frauen hier die Nase vorn haben. Sie sind gewandter, ihre innere Welt zu beschreiben und Gefühlen einen Namen zu geben. In dieser Angelegenheit gehen sie viel direkter zur Sache, als es Männer tun. Sie packt ihre Emotionen auf den Tisch, während er noch in sich sucht, ob da welche sind. Es ist vielleicht etwas plakativ, aber im Grunde beschreibt es das, was Paare tagtäglich miteinander erleben und uns berichten.  Aber was machen wir jetzt daraus? 

Erkennen, wo die Unterscheide liegen – und sie akzeptieren 

Eigentlich geht es nur darum, genau das zu erkennen. Wir sind, wie wir sind und das hat Gründe. Vor allem Gründe in unserer Sozialisation, in unseren Erfahrungen. Wir lernen genau das, was von uns verlangt und erwartet wird (und das ist bei Mädeln und Buben und bei aller Emanzipation immer noch unterschiedlich), selten mehr oder anderes. Und wenn dann nur mit viel Mühe und sehr viel später (im Leben). Übersetzt heißt das, wenn SIE will, dass ER versteht, was SIE sagt, dann muss SIE lernen, es so zu sagen, dass ER es versteht. Und ER muss lernen, IHRE Sprache zu sprechen. Besser noch ist es, wenn beide sich irgendwo in der Mitte treffen, also mit Geduld und gegenseitiger Anleitung das gemeinsame Gespräch suchen.  

Ganz praktisch gesehen 

Ganz praktisch könnte es vielleicht bedeuten, dass, wenn es ein wichtiges Beziehungsthema zu besprechen gibt, sie nicht mit der Tür ins Haus fällt. Auch wenn möglicherweise beiden bewusst ist, dass Gesprächsbedarf besteht, wird höchstwahrscheinlich sie es sein, die diesen anmeldet, während er noch hofft, dass sich das Problem von allein, zumindest aber ohne Worte regeln lässt. Zunächst sind Zeit und Ruhe die wichtigsten Voraussetzungen. Zwischen Tür und Angel kann kein Problem zufriedenstellend gelöst werden. Dann könnte sie eine elegantere Gesprächseröffnung als „Schatz, wir müssen reden“ finden. Ein Satz, der bei ihm ganz sicher alle Alarmglocken läuten lässt und er (zurecht!) finden wird, dass es gerade jetzt an der Zeit ist, den Keller aufzuräumen.

Es ließen sich zunächst etwas unverfänglicher und bei einer wohlwollenden Tasse Tee Informationen (das fällt ihm leichter) austauschen, z.B. über die Arbeit, die Kinder, den nächsten Urlaub oder die Geburtstagsfeier der Großtante. Und wenn man schon einmal dabei ist, sich zu unterhalten, könnte sie die Überleitung – ausgehend von ihrem Gefühl „Ich finde es gerade richtig schön, dass wir uns Zeit nehmen, mal miteinander zu sprechen. Ich hatte nämlich in den letzten Wochen den Eindruck, dass wir dazu gar nicht mehr kommen. “ – wagen, ohne ihn gleich auf die Anklagebank zu drücken. Dann ist ein wichtiger Schritt – ein offener und positiver Gesprächsstart – schon einmal geschafft. Es geht darum, dass beide versuchen, die Sprache des anderen zu verstehen, auch wenn das zunächst nur kleinschrittig Satz für Satz geht. Immerhin wollt ihr doch euer Beziehungsbuch zusammen schreiben. Und wer ein gemeinsames Ziel hat, findet auch eine gemeinsame Sprache.  

Aber stimmt dieses „Frauen sind anders-Männer auch-Ding“ denn noch so? 

Das ist eine berechtigte Frage, die uns sicher die nächsten Jahre mehr denn je beschäftigen wird. Momentan scheint es noch so, als ob gesellschaftlicher Wandel und die Entwicklung des Individuums nicht immer gleich schnell unterwegs sind. Wir reden von nicht-binär, genderfluid und agender und meinen damit, dass wir irgendwie alles, manchmal oder immer, und auch nichts sein können und uns fühlen. Alte Kategorien lösen sich auf, neue werden noch gesucht. Da ist es gar nicht so leicht, sich zu orientieren und noch weniger zu wissen, wer die anderen sind und wie sie ticken. Möglicherweise brauchen wir aber noch ein wenig Zeit uns damit abzufinden, dass wir nichts sagen und zuschreiben können, es keine eindeutig männlichen oder weiblichen Kategorisierungen gibt und wir neue finden müssen, die uns die Welt erklären.  

Solange behelfen wir uns mit derlei. Das ist nicht nur hilfreich, sondern macht auch Spaß. 


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