Sie dachten, Ihre Partnerwahl hätte nur Konsequenzen für Sie selbst?

Gleich und gleich gesellt sich gern. Oder: Akademiker bleiben unter sich. Mit weitreichenden Folgen für die Gesellschaft

Was kommt heraus, wenn Ökonomen Partnerwahl rechnen?

Jeremy Greenwood von der Universität Pennsylvania und mehrere Kollegen haben vor einiger Zeit ihre Untersuchung „Marry your like” vorgestellt. Sie behaupten darin: weil wir seit Jahrzehnten zunehmend dem Gleich und Gleich-Prinzip bei der Partnerwahl folgen, wächst die soziale Ungleichheit. Sie belegen das mit Zahlen aus den USA von den 60ern bis zur Gegenwart.

Ergebnis 1: 1960 wurden fast ausschließlich Ehen geschlossen mit unterschiedlichen Einkommen, weil weniger Frauen ausgebildet und berufstätig waren und die Partnerwahl typischerweise beinhaltete, dass Männer nach unten und Frauen nach oben heirateten. Das wurde von den Eltern, die da ein Wörtchen mitzureden hatten, weil sie den Kindern nur das Beste wünschten, auch gefördert.

Ergebnis 2: 45 Jahre später: 2005 werden die meisten Ehen geschlossen mit ähnlichem Einkommen, weil mehr Frauen gebildet, berufstätig und besser verdienend sind und Partner oberhalb oder mindestens auf Augenhöhe aussuchen. Und weil auch Männer heute bevorzugt eine Partnerin mit hohem Einkommen wählen. Nur noch ein Fünftel „datet down”. Die Eltern reden nicht mehr mit: Der Anspruch, das Beste sei gerade gut genug, ist längst beim Nachwuchs angekommen.

Ergebnis 3: Männern mit niedrigem Einkommen bleiben heute nur Frauen mit niedrigem Einkommen, da sie für die besser gebildeten, berufstätigen Frauen nicht in Frage kommen. Arbeitslose Männer sind so gut wie nicht vermittelbar.

Ergebnis 4: In den Doppelverdiener-Haushalten werden immer weniger Kinder geboren.

Damit lässt sich feststellen: weil seit 1960 immer weniger Ehen mit unterschiedlichen Einkommen geschlossen werden, teilt sich die Gesellschaft zunehmend in Doppelverdiener- und Nichtverdiener-Haushalte. Experten wie der Sozialpsychologe Professor Hassebrauck betonen: Akademikerinnen, die nicht bereits in der Universität ihren Partner kennen gelernt haben, tun sich später auf dem Partnermarkt schwer, einen Mann auf Augenhöhe zu finden, da diese begehrt und dadurch selten sind. In der Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist die “Tendenz zur Paarung unter Gleichen” ein Grund für die zunehmende Ungleichheit der Gesellschaft. Das bestätigen die Soziologen Hans-Peter Blossfeld und Andreas Timm: “Der Anteil der aufwärtsheiratenden Frauen hat über die Generationen hinweg deutlich abgenommen”

Wir beeinflussen durch unsere Partnerwahl maßgeblich die gesellschaftliche Spaltung

In den Kommentarspalten aktueller Artikel zum Thema ist die Schuldfrage geklärt: anspruchsvolle Frauen, die nicht unter ihrem Niveau heiraten wollen. Da schwingt in mehr als nur einer Bemerkung der Frust mit, den Anschluss verpasst zu haben oder zumindest die Furcht vor veränderten Rollenbildern.

Wir wissen, dass in Deutschland statistisch heute immer später geheiratet wird. Als Gründe werden vor allem angegeben der Wunsch nach Absicherung durch Ausbildung und Beruf, Selbstverwirklichung und die Sorge, ohne zwei gute Gehälter eine Familie gar nicht mehr ernähren zu können. Zwar scheinen erstmals Akademikerinnen wieder mehr Kinder zu bekommen, doch in absoluten Zahlen ist das noch kein nennenswerter Trend.

Das Ideal der Liebesheirat wird niemand aufgeben wollen, doch die Ehe spielte früher als Zweckgemeinschaft eine Rolle, die auf Romantik keinen Wert legen musste. Der “Aufstieg durch Heirat” wird jedenfalls so bald nicht wieder populär.


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