In der Realität macht Alltägliches die Partnerschaft besonders
Statt mir perfekt angerichtetes Frühstück zu servieren, das ich auf Instagram posten könnte, ist mein Freund bereits vor einer Stunde los zu Arbeit – und hat auch noch den Kaffee leer gemacht. Der gemeinsame Urlaub am Strand? Musste ausfallen, weil unsere Terminkalender dieses Jahr keine längere Auszeit zugelassen haben. Und die romantischen Rendezvous beim Italiener, der seine Calzone nach einem Rezept von Mamma frisch im Steinofen backt und noch Stoffservietten benutzt? Ist bei uns eher Netflix and Chill auf der Couch mit Pizza vom Lieferdienst. Nichts davon ist sonderlich instagram-worthy. Aber ist meine Beziehung weniger wert, nur, weil sie nicht bei dem mithalten kann, was mir jeden Tag auf Instagram vorgelebt wird?
Ich muss gestehen, dass ich manchmal neidvoll auf diese makellosen Paare blicke und mir wünsche, auch so eine perfekte Beziehung mit Frühstück im Bett und traumhaftem Strandurlaub zu haben. Was mir dann allerdings hilft, ist ein kurzer Realitätscheck. Denn so eine harmonische Instagram-Beziehung ist auch harte Arbeit. Und damit meine ich nicht normale Beziehungsarbeit, die wir alle in unseren Partnerschaften leisten müssen, um sie voranzutreiben und zu halten, sondern echte Business-Arbeit.
Die perfekte Instagram-Beziehung: Harte Arbeit?
Während ich mit meinem Freund am Wochenende morgens drei Stunden im Bett liegen bleibe und einfach nichts tue, werden in der perfekten Instagram-Beziehung bereits Bilder vom gemeinsamen Frühstück bearbeitet, um sie später posten zu können. Während wir stundenlange Spaziergänge durch die Natur unternehmen und die Smartphones dabei bewusst zuhause lassen, kann das Pärchen aus der perfekten Instagram-Beziehung seinen Urlaub gar nicht so richtig genießen, weil es immer auf der Suche nach der nächsten Location ist, an der es Fotos für seine Social-Media-Kanäle aufnehmen kann.
Während dort zwei Menschen vor ihren Computern sitzen, um Videos zu schneiden und die Anzahl der Likes auf Instagram zu verfolgen, genießen wir gemeinsam unsere Pizza vom Lieferdienst bei Netflix, ohne uns Gedanken darüber zu machen, wie es auf die Außenwelt wirken könnte, wenn sie uns jetzt mit unseren vom Fett glänzenden Lippen und ungewaschenen Haaren sehen würden.
Vielleicht ist meine Beziehung also gar nicht so viel schlechter als die, die ich tagein, tagaus auf Instagram zu sehen bekomme. Vielleicht ist sie in manchen Punkten sogar besser. Weil ich die besonderen Momente, wie Frühstück im Bett oder einen Spaziergang am Strand, mit meinem Partner einfach genießen kann. Ganz ohne mich im Anschluss zu ärgern, dass ich die Gelegenheit für das perfekte Instagram-Foto verpasst habe und meinen freien Sonntag mit der Bearbeitung von Bildern und der Vermarktung meiner Beziehung verbringen musste – sondern in trauter Zweisamkeit mit meinem Freund, in der uns nichts und niemand stören kann.