„Wir haben ein intensives Liebesleben, Heike und ich, dafür brauche ich Raum, ich möchte nicht, dass Luna uns zuschaut, das würde mich irritieren“, bekennt Markus. „Ich habe nie eine Partnerin gehabt, mit der ich derart harmoniert habe wie mit Heike. Das ist echt ein Geschenk, das möchte ich genießen – und zwar ohne jede Einschränkung. Ich hätte auch nie „Ja“ dazu gesagt, dass ein Kind bei uns im Bett schläft.“
Markus ging davon aus, dass sich diese kleine Meinungsverschiedenheit mit einem Gespräch aus der Welt schaffen lässt, dass Heike und er – wie gewohnt – an einem Strang ziehen. Es funktioniert nicht, ein Gespräch zieht das nächste nach sich, Vernunft-Argumente zählen bei Heike nicht, das Paar redet sich die Köpfe heiß und kommt zu keinem Ergebnis.
„Es ist, als hätte meine Frau ihren Verstand ausgeschaltet, sie ist nicht mehr in der Lage, rational und logisch zu sein, dabei war das früher ihre Stärke, die ich so bewundert habe“, berichtet Markus. „Ich habe echt Angst, dass das der Anfang von vielen Konflikten sein wird, denn ich beobachte, dass Heike sich mehr und mehr auf Luna einschießt, und ich keinen Zugang mehr zu ihr finden. Sie kann Luna mit ins Büro nehmen, wenn sie früher nach Hause kommt und später ich auf der Bildfläche erscheine, nimmt sie mich gar nicht mehr wahr, ist ganz versunken in das Spiel mit dem Hund. Ich habe schwer den Eindruck, dass Luna mir den Rang abläuft“ sagt Markus bitter. „Heike streichelt sie mehr als mich“.
„Das ist nicht wahr“, regt sich Heike auf. „Markus hat sich das Leben mit einem Hund einfach anders vorgestellt. Ich behandele Luna nicht wie ein kleines Kind, und ich liebe sie auch nicht mehr als Markus. Aber sie braucht viel Zeit und Zuwendung. Markus hat das falsch eingeschätzt, er hat gedacht, ein Hund läuft einfach mit. Das ist eben nicht der Fall. Und Markus gesteht sich nicht ein, dass ihm Luna zu viel ist. Deshalb ist er wütend auf sich selbst, er traut sich nicht, sich einzugestehen, dass er mit Luna überfordert ist.“
Das ist Markus entschieden zu viel Psycho-Kram. Er hat auch Freunde gefragt, wie sie das Verhältnis von Heike zu Luna bewerten, ob er nun den Verstand verloren hat, weil er die Situation nicht mehr normal findet. Die Freunde können Heikes Hundeliebe zwar nachvollziehen, aber die verdrehen auch die Augen und möchten nicht mit Markus tauschen.
Eine Freundin von Heike hat sogar zu Markus gesagt „Wie hältst Du diesen Affentanz um ein Haustier aus? Heike dreht durch. Vielleicht hat sie doch mehr unter der Kinderlosigkeit gelitten, als sie zugibt. Gib ihr einfach Zeit.“
„Ich habe diesen Rat beherzigt“, beteuert Markus. „Ich habe meine Meinung und meine Bedürfnisse zurückgestellt, ich habe Luna über Wochen behandelt wie meine Tochter, wenn ich eine hätte. Ich habe nichts mehr gesagt, wenn Luna bei uns im Bett liegt. Doch ich halte es jetzt wirklich nicht mehr aus. Und ich bin eifersüchtig, jawohl, das gebe ich zu. Allerdings nicht aus dem Grund, weil ich mich nicht auf ein Tier einlassen kann, nein, wir leben nämlich nicht mit einem Tier, das mich aus dem Rennen wirft. Luna ist de facto für Heike ein Kindersatz. Wenn sich einer was vormacht, dann sie.“
Die Fronten zwischen Heike und Markus verhärten sich, Markus weigert sich auch, sich um Luna zu kümmern, er projiziert seine Wut und Frustration auf das Tier, er geht nicht mehr mit ihm raus, spielt nicht mehr mit Luna. Er geht davon aus, dass Heike, müsste sie sich zwischen Luna und ihm entscheiden, Luna wählen würde.
„Als ich das das erste Mal dachte“, sagt Markus, „wusste ich, es ist kurz vor 12. Ich habe Heike diesen Gedanken offenbart, sie war sie erschüttert, sie hat geweint, sie nahm mich zum ersten Mal ernst. Wie kannst Du denken, dass ein Hund mir wichtiger ist als Du, Liebster, hat sie gesagt? Endlich kamen wir wieder in einen Dialog miteinander, der den Namen „Dialog“ verdient. Endlich waren wir uns wieder nahe. Wir erkannten, dass sich zwischen uns ein Abgrund aufgetan hat, dass wir es nicht allein schaffen, uns wieder dauerhaft nahe zu sein. Wir werden das Thema jetzt mit einem Mediator bearbeiten. Vielleicht liegt bei Heike und mir ganz tief unten in der Seele etwas verborgen, was Luna raufgespült hat. Und vielleicht liegt es tatsächlich daran, dass wir keine Kinder haben, dass ich vielleicht froh war und bin, dass ich Heike für mich allein habe und zugleich unbewusst Schuldgefühle habe deshalb. Deshalb, weil ich besitzergreifend bin. Vielleicht will ich Heike einfach nicht teilen. Wir werden sehen, was die Gespräche mit dem Mediator bringen. Fest steht: Heike hat verstanden, dass wir ein richtiges Problem haben, wir beide. Und sie will unbedingt unseren Frieden und unsere Harmonie zurück. Und ich erst!”
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