Ausreden gibt es viele. Einige sollte man nicht zu ernst nehmen. Aber Faulheit mit einem evolutionär bewährtem Energiesparprogramm zu begründen, ist zumindest … kreativ
„Du hast die Waschmaschine nicht ausgeräumt!“ Das ist so ein typischer Satz. Oder: „Warst du mit dem Hund schon draußen?“ Da schlägt das Herz gleich schneller. Aber nicht aus Liebe.
Gerade jetzt, wo alles neu, schön, grün und sonnig werden soll. „Der Balkon könnte frühjahrsfertig gemacht werden …“ Ich weiß. Die Buchhaltung müsste auch gemacht werden und im Büro hat jemand vor einer Woche auf der Suche nach einem Buch das ganze Regal auf dem Boden ausgeräumt. Ich wüsste gar nicht, wo ich anfangen soll. „Mach dir eine Liste“, ruft meine bessere Hälfte. „Und vergiss nicht, dich zu rasieren, Catweazle!”
Faulheit ist ein Erfolgskonzept der Natur
Faulheit ist Definitionssache. Menschen, denen dieser Begriff nicht gefällt, „schieben es lieber auf“ und nennen diese Strategie der Arbeitsvermeidung ganz hip Prokrastination. Meine Faulheit gehört aber mir. Daraus wird auch keine „Generation Faulheit“. Meine ist ganz privat und ich bin der Meinung, sie ist ein evolutionäres Programm. Besser: ein Erfolgskonzept der Natur.
Energie aufwenden sollte niemand leichtfertig und beim Blick in Höhle, Steppe und Dschungel zeigt sich klar: Die Lebewesen auf diesem Planeten haben eingebaute Sparfunktionen. Schlafen beispielsweise fühlt sich deshalb so gut an.
Wer faul ist, ist ja nicht zwingend untätig. Vielleicht plant er ja vor und wartet ab. Beispielsweise bis die bessere Hälfte die Waschmaschine selbst ausgeräumt hat. Ist das, jetzt mal ganz aus dem Blickwinkel des Energiesparens betrachtet, nicht sogar klug? Faulheit ist außerdem immer auch Hinterfragen: Muss das wirklich sein? Muss es jetzt sein? Erledigt sich das nicht vielleicht von selbst?
Wer faul ist, sammelt Energie für den passenden Moment
„The Big Lebowski“, der Dude, ist Kult – aber kein gutes Vorbild! Das höre ich ab und an. Dabei würde ich nie im Bademantel einkaufen gehen oder das Frühstück mit Alkohol ersetzen. Ich würde liegenbleiben. Meine Faulheit ist nicht Verdrängung. Sie ist Genuss. Gelassenheit im Hier und Jetzt.
Nur manchmal, da bin ich zu faul, um faul zu sein. Wenn es auf die heiße Phase des Aufschiebens zugeht. Jetzt oder nie. Wenn absehbar ist, dass „nie“ keine Option ist. Dann will ich es hinter mich bringen. Schnell. Und was dann geschieht, verblüfft mich immer wieder: Voller Energie erledige ich die ganze, lange Liste. Schließlich habe ich alle Kraft für diesen Moment aufgespart! Wer faul ist, sammelt nämlich nur seine Energie für den wirklich passenden Augenblick!
Ich werfe die Wäsche in den Trockner, jogge mit dem Hund durch den Park, kaufe auf dem Rückweg auf dem Markt Balkonpflanzen, drappiere sie in die Blumentöpfe, dusche und rasiere mich und falte und lege die mittlerweile flauschig-weiche Wäsche ordentlich zusammen und sortiere sie in den Kleiderschrank. Dann erledige ich die Buchhaltung. Und alles in weniger als zwei Stunden. Ich finde das bewundernswürdig.
Und womit werde ich zum Dank für diese Meisterleistung an Multitasking belohnt? Mit Kritik. „Musste alles wieder ganz schnell gehen, oder? Du hast vergessen, dich hier, hier und dort zu rasieren.“
Zugegeben, da stehen noch ein paar Haare. Und ich habe wohl noch nicht die Blumenerde vom Balkon gefegt. Der Hund will auch schon wieder raus … Irgendwas an meinem Konzept lässt sich noch verbessern. Aber das muss ich doch nicht jetzt sofort machen, oder?