Seine erotischen Phantasien haben sich verändert
Das ist der Punkt an dem Tina verzweifelt. Wie oft hat ihr Robert gesagt, dass er sich nicht satt sehen kann an ihr, dass sie innerlich und äußerlich die Frau seiner Träume ist. „Und nun soll ich mich verkleiden“, sagt sie. Es ist ihr deutlich anzumerken, wie enttäuscht und verletzt sie ist.
Robert sucht das Gespräch mit ihr, er will sich erklären, er schildert Tina, dass er einfach erotische Phantasien hat, die habe sie doch auch. Diese Phantasien sind nicht ewig gleich. Das sei ja der tiefe Sinn einer Phantasie, dass sie sich verändert, dass sie einen anregt, dass sie Kreativität im Kopf freisetzt, dass auf diese Weise andere Bilder entstehen. Neue Bilder, deren Ursprung man gar nicht verfolgen kann. Das sei ihm geschehen und er schwöre, das hänge nicht mit einer anderen Frau zusammen, er schaue auch nicht heimlich Pornos, in denen Frauen beim Sex Dessous tragen. Die Phantasie war plötzlich da. Das sei die ganze Wahrheit. „Weil ich Tina liebe und vertraue, habe ich das nicht für mich behalten, sondern meine Frau eingeweiht“, sagt Robert. „Was ist hier falsch? Ich möchte doch nur etwas ohnehin Vollkommenes noch ein bisschen vollkommener machen. Eine Idee, ein Versuch. Ich würde behaupten, das ist eine Art von großer Liebeserklärung, dass in meinen erotischen Vorstellungen meine Frau die Hauptperson ist – und sie sich quasi für eine Szene umzieht wie eine Schauspielerin in einem Film. Das ist doch am Ende nichts anderes als ein Rollenspiel. Warum nicht mit Leichtigkeit an die Sache herangehen und das Experiment wagen? Wenn es nicht geht, wenn Tina sich komplett unwohl fühlt, brechen wir das Experiment ab. Kein Thema, für mich ist nichts in Stein gemeißelt.“
Sie fühlt sich unattraktiv
Tina helfen diese Erklärungen und Rechtfertigungen nicht weiter. Sie ist im Innersten getroffen. Folge: Sie hat keine Lust mehr auf Sex. Ein Teufelskreis, der das ganze Zusammenleben extrem belastet. Robert ist bereit, zurückzurudern, er beharrt nicht auf seinem Wunsch. Aber der Stachel sitzt zu tief. Tina fühlt sich unattraktiv, sie kann sich nicht mehr fallen lassen, gesteht sie Robert. Sie weiß nicht, wie sie wieder in diesen alten Zustand gelangen kann, wo sie mit jeder Selbstverständlichkeit der Welt davon ausgegangen ist, dass sie sich abends neben Robert ins Bett legt und die perfekte Frau für ihn ist. „Die Unschuld ist weg“ sagt sie traurig. „Robert hat bei mir eine Mine losgetreten.“
Die beiden sehen nur eine einzige Chance, diese Kluft zu überwinden: zum einen herauszufinden, was bei Robert psychologisch dahintersteckt, dass er von jetzt auf gleich diese Phantasien hatte, wobei er nach wie vor seine Hand dafür ins Feuer legt, dass das nichts mit irgendwelchen unbewussten Prozessen zu tun hat, die sich gegen Tina richten. Tina ist es wichtig, dass er sich dem stellt, dass er den Dingen auf den Grund geht. Es soll wirklich nichts zwischen ihr und Robert stehen. Zum anderen möchte Robert nachvollziehen, warum das Selbstbewusstsein seiner Frau derart verheerend angeschlagen ist, warum sie ihm nicht vertraut. Er ist auch enttäuscht und verletzt. Beide sind voller Hoffnung, dass ein paar Stunden Paartherapie ihre Ehe wieder ins Lot bringen.
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