Lückenbüßer liebt man nicht!

Ich habe das immer gewusst, ich meine, dass es so kommen würde, wie es letzten Endes kam. Hunderte Zigaretten habe ich geraucht in der Zeit, die ich mit Warten verbrachte, dem Warten darauf, dass er endlich ausspricht, was wir beide längst schon wussten; war darauf vorbereitet, denn ich fühle so was, wie damals, als ich gespürt habe, dass es ihm nicht gut ging, weil er etwas vermisst hat, das nicht ich war.

Und ich, ich habe auch etwas vermisst, das nicht er war, und ich glaube, er wusste das auch und weiß das auch jetzt. Die Fenster an unseren Herzen waren nur angelehnt, weil die, die vor uns da gewesen sind, vergessen haben, sie zuzumachen. Und ich glaube, sie haben das aus einem Grund getan. Wir haben uns Mühe gegeben, einander trotzdem festzuhalten, ich immer ein wenig mehr als er; wir wollten auf der Stelle, an der das probeweise vor den Fenstern zusammengebaute Gerüst bricht, immer noch ein wenig weiter herum treten.

Ich habe ihm gesagt, dass ich das brauche, ich meine, dieses mit voller Wucht auf dem Boden aufschlagen, wenn ich wieder einmal versuchen würde, durch sein Fenster zu klettern, aber immer, wenn es soweit war, hat er mich festgehalten und ich konnte einen Blick auf den Berg hinter ihm erhaschen, auf dem Häuser stehen, die er für ein Mädchen gebaut hat, das nicht ich bin.

Er hat das nicht bewusst gemacht, schon gar nicht mit Absicht, es ist einfach so passiert, er wollte das nicht und ich wollte das auch nicht und, naja, ich habe eben Worte und Bilder auf ein Bettlaken projiziert, das nie so richtig nach ihm gerochen hat, sondern immer noch nach einem anderen. Ich habe nie aufgehört, diesen anderen neben mir zu spüren. Selbst wenn er da lag, habe ich immer nur den anderen gefühlt und er nur das andere Mädchen, und deshalb hielten wir die Augen fest verschlossen, wenn wir miteinander schliefen.

Ich bin nicht aufgeschlagen, er hat mich langsam am Gerüst herunterklettern lassen und erst dann ist er durch sein Fenster gestiegen und ich hoffe, er hat es gut von innen zugemacht und dass er sich niemals von jemandem die Scheibe einschlagen lässt, der ihn mit den Scherben nur verletzen will. Ich wünschte nur, ich hätte den Zeitpunkt, an dem ich ihn gehen lassen musste, früher erkannt – und auch, dass sich manche Wunden niemals heilen lassen. Nicht mal von den besten Lückenbüßern der Welt.


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