Welchen Einfluss hat unsere Ernährung auf unser Befinden und Verhalten? Ein Gastbeitrag von Kendra Gettel
Welchen Einfluss hat das, was wir essen, auf unser Verhalten und auf unsere Beziehungen? Ich habe vor kurzem etwas entdeckt, was meine Welt ziemlich aus den Angeln gehoben hat: Um eine lange Geschichte kurz zu machen, ist Folgendes passiert:
Meine 3 1/2 jährige Tochter war schon immer eine schlechte Schläferin und hatte neben einem generellen, scheinbar unstillbaren Bewegungsdrang (Stillsitzen ging fast gar nicht!) auch häufige Schrei- und Trotzanfälle.
Sagen wir einfach, es war extrem anstrengend, und ich habe oft Mütter mit ruhigeren Kindern beneidet!
Dann habe ich vor einigen Wochen von Forschungsergebnissen aus Australien gehört, denen zufolge es da einen Zusammenhang mit der Ernährung geben könnte.
Ich führte die vorgeschlagenen Veränderungen ein, und innerhalb von drei Tagen hatten wir ein anderes Kind. Ruhig, lieb, kooperativ, akzeptierte Neins, war viel präsenter und konzentrierter, fröhlicher, hilfsbereit, ging abends ohne Geschrei ins Bett… der Unterschied machte mich und unser Umfeld sprachlos! Es gab kein Geschrei mehr, wenn andere Kinder zu Besuch waren, keinen Streit, kein Spielzeug-Wegnehmen… Ich hatte keine Ahnung gehabt, dass sie so sein konnte! (Aber nur damit keine Missverständnisse aufkommen, sie hat und hatte auch viele gute Seiten :-))
Und seitdem arbeitet es ganz heftig in mir.
Wenn die Unruhe und Ausraster bei meiner Tochter eben kein Charakter- oder Erziehungsproblem gewesen sind….sondern die Folgen einer aus dem Gleichgewicht geratenen Körperchemie, weil sie bestimmte Nahrungsmittel nicht verträgt… Und wenn Nahrung eine solch ungeheure Wirkung auf das Verhalten von Kindern haben kann … Wie sieht es dann bei uns Erwachsenen aus?
Welchen Einfluss hat das, was wir essen, auf unser Verhalten und auf unsere Beziehungen?
Kann es sein, dass viele scheinbar unlösbare Beziehungsprobleme verstärkt werden, weil unsere Körperchemie außer Rand und Band ist und wir nicht mehr “wir selbst” sind – so wie bei meinem Kind? Unzurechnungsfähig?
Wenn unsere Tochter Dinge isst, die ihr nicht bekommen, dann hört sie nicht auf das, was man ihr sagt, man kann ihr nichts recht machen, sie hat Schwierigkeiten, zu formulieren, was sie will, und sie rastet wegen Kleinigkeiten aus (“Mama hat mir einen blauen Teller gegeben und keinen gelben!”).
Man könnte glatt sagen: Sie ist nicht beziehungsfähig!
Aber wenn sie nur Dinge bekommt, die sie verträgt, ist sie voll beziehungsfähig und sozial kompetent. Ihre Beziehungsfähigkeit ist also nicht “persönlichkeitsbedingt” festgelegt und hängt auch nicht davon ab, wie wir uns verhalten (!!!!), sondern verändert sich ganz radikal je nach dem, welche Stoffe ihrem Körper zugeführt werden!
Wenn ich die Angaben der Australier richtig im Kopf habe, dann betreffen Nahrungsmittelunverträglichkeiten schätzungsweise ein Drittel der Bevölkerung. D.h. die Chancen, betroffen zu sein, stehen “gut” 😉
Ich habe die Ernährungsweise meiner Kleinen natürlich auch mit übernommen (Vorbildfunktion), und siehe da, auch bei mir habe ich positive Veränderungen festgestellt (liegt ja auch irgendwie nahe, dass unsere Organismen ähnlich ticken…). Erschreckenderweise musste ich mir dann genauso eingestehen, dass ich nach einigen Tagen, in denen wir weniger streng waren (Weihnachten….), über Nacht auch auf einmal viel genervter und aggressiver war, kaum noch Energie hatte – und bloß noch meine Ruhe wollte. Ich und meine Beziehungsfähigkeit sind also auch betroffen. Krass!!!
Womit wir nie gerechnet hätten, ist, dass es dabei nicht nur um die ohnehin verdächtigen “Übeltäter” wie bestimmte Zusatzstoffe in unserem Essen geht, sondern auch um Stoffe, die in ganz normalen und als gesund angesehenen Lebensmitteln vorkommen, wie in vielen Obst und Gemüsesorten. Die häufigsten Stoffe, um die es dabei geht, sind (neben den erwähnten Zusatzstoffen) Salizylate, Amine und Glutamate. Und die gibt es zum Beispiel in Tomaten, Gurken, Paprika, Bananen, Äpfeln, Erdbeeren, Schokolade und Olivenöl (Unsere ganzen Lieblingssachen :-() – also Dinge, an die man gar nicht denkt. Auch Milchprodukte, Gluten, Soja und andere können die Auslöser sein, sind es aber seltener.
Es scheint sich also extrem zu lohnen, einmal zu überprüfen, ob es noch andere Gründe für dicke Luft in einer Beziehung/ Familie geben könnte als die “üblichen” Kommunikationsprobleme und Trigger – und ich stelle mir gerade schmunzelnd ein Paar in einer Beziehungsberatung vor, das zuerst einen Vertrag unterschreiben muss, laut dem Tomaten und Schokolade ab sofort verboten sind 😉
Oder nach dem Motto: Dein Mann brüllt rum? Setz ihn auf Kartoffel-Weisskohl-Diät!
Ich wollte es jedenfalls einmal gesagt haben, falls es noch für andere Menschen außer uns wichtig sein könnte. Wobei ich natürlich keine Ernährungsberaterin bin und keinen fachmännischen Rat geben kann – es geht mir darum, einfach einmal die Frage nach dem Einfluss der Ernährung auf zwischenmenschliches Verhalten zu stellen.
Die Seite, die ich gefunden habe, lautet übrigens www.fedup.com.au, und das dazugehörige Buch “Fed Up” von Sue Dengate. Leider gibt es diese Inhalte in dieser Form nicht auf Deutsch (aber einzelne Webseiten, die sich diesen und sonstigen Unverträglichkeiten widmen, einfach mal googeln).
Ich bin gespannt, ob ich hiermit den ein oder anderen Nerv getroffen habe. Bitte schreiben Sie mir doch, ob auch Sie schon Beobachtungen zum Thema Ernährung und Beziehung gemacht haben.
Viele Grüße für heute,
Kendra
Kendra Gettel: "Die Fallen der Gewaltfreien Kommunikation. Wie Sie mit Gewaltfreier Kommunikation endlich dort ankommen, wo Sie schon die ganze Zeit hinwollten" ISBN: 978-3943120080 Verlag: Agentur für innere Freiheit