„Ich trenne Sex und Liebe radikal, es kann zusammengehören, es muss aber nicht“
Jan fuhr fort: „Ich liebe Dich, ich möchte mein Leben mit Dir verbringen, es ist mein heiliger Ernst. Ich kann Dir allerdings nicht versprechen, dass ich Dir treu bin. Ich habe viel Testosteron, ich denke sehr viel an Sex. Ich könnte jeden Tag mit Dir ins Bett gehen, Liebste, morgens und abends, ich bin scharf auf Dich wie am ersten Tag. Aber Du hast mir schon einmal halb im Spaß gesagt, dass Dir das zu viel wird, dass ich unersättlich bin. Mich hat das gekränkt, und es hat mich nachdenklich gemacht. Ich habe mich gefragt, warum ich mir nicht außerehelich das suchen kann, was Du mir nicht geben kannst oder willst. Ich trenne Liebe und Sex radikal, es kann zusammengehören, es muss aber nicht. Ich bin davon überzeugt, dass ich mich niemals in eine andere Frau verlieben werde, dagegen bin ich immun. Bitte, was spricht gegen ein gelegentliches Techtelmechtel? Es kann sein, es wird so sein, dass es auch einmal mehr wird, dass es nicht beim Küssen und Fummeln bleibt. All das hat und hätte nichts mit Dir, mit uns zu tun. Und Du, Du hast natürlich das gleiche Recht darauf, mit einem anderen Mann Spaß zu haben. Wir stellen dafür Regeln auf, keine Übernachtung zum Beispiel, kein Kuscheln, nur Sex. Wir können es auf eine Weise regeln, dass wir uns sagen, was wir außerhalb der Beziehung tun, wir können das Thema auch nicht ansprechen.“
Jan war richtig Feuer und Flamme, man merkte, dass er all das schon lange sagen wollte. Es brannte ihm unter den Nägeln. Und er sagte es in dieser prekären Situation, wo er nach dem Parfum einer anderen Frau roch und schon die erste Schuld auf sich geladen hatte. Was für eine Zumutung für seine Frau.
Eine Liebeserklärung an Pia und im gleichen Atemzug eine Absichtserklärung, untreu zu sein
Pia sagt: „Ich bin aus allen Wolken gefallen, ich hatte mich auf alles Mögliche eingestellt, auf Entschuldigungen und Beteuerungen und Schwüre, sich zu bessern, aber nicht auf diese Erklärung, auf diese zwei Erklärungen: eine Liebeserklärung an mich und im gleichen Atemzug die fast schon trotzige Absichtserklärung, mir nicht treu sein zu können oder zu wollen. Ich bin keine hysterische Frau, mit mir kann man reden, und ich würde nie sagen, dass ich jemanden sofort verlassen würde, wenn er sich einmal vergisst und fremdgeht, das vielleicht auch noch angetrunken. Aber ich konnte mir nicht vorstellen, jemanden einen Freibrief zu geben dafür, dass er mich betrügt. Das ist die verrückteste Idee, die ich je gehört hatte. Ich stand unter Schock, eigentlich ist Jan emphatisch und sensibel, was hatte er da für einen Moment gewählt, mir zu beichten, wie er eigentlich tickt? Polygam? Sexsüchtig? Er bohrte in meiner Wunde, die gerade zwei Stunden alt war. Ich konnte es nicht fassen.“
„Du musst das anders sehen“, hat Jan gesagt. „Das ist kein Betrug. Ich wiederhole mich, ich liebe Dich, Du kannst Dich darauf verlassen. Wir sind Mann und Frau, für immer. Liebe ist doch am Ende, wie wir sie sehen. Wenn Du umdenkst, wenn Du verstehst, dass für mich Treue, sexuelle Treue, eben nicht der Indikator für große Liebe ist, dann bist Du auch nicht mehr verletzt, wenn ich außerhalb unserer Beziehung Sex erlebe.“