Es kann auch ein zu viel an Geborgenheit geben: beziehungsweise-Autorin Jule Blogt über Freiraum in einer Beziehung und den Unterschied zwischen einem freien Vogel und einem anhänglichen Faultier
Ich bin eine Klette. Wäre ich eine Pflanze, würde mein lateinischer Name sicherlich Julissus Klettus lauten, oder so ähnlich. Wie ein kleines Faultierchen-Baby klammere ich mich an meinen Partner, um nicht auf den harten Boden der Beziehungstatsachen zu fallen. Zumindest zu Beginn einer Liebschaft. Umso schwieriger ist es für mich, wenn der Mensch, der mir am Wichtigsten ist, plötzlich anfängt, sich zu schütteln, um meine Klettarme etwas zu lockern.
Sobald es um das Thema Freiraum geht, werde ich nervös. Dann fühle ich mich, als würde man einem Baby den Schnuller wegnehmen, und fange an mich zu beschweren. Ich gebe zu, als mein Herzblatt das erste Mal offen äußerte, wie froh er darüber war, einen Abend für sich zu haben, weil ich mit Freunden um die Häuser zog, fasste ich das als Kritik an mir auf. Anscheinend würde ich ihm auf die Nerven gehen.
Aus einem klettigen Faultier wird ein zwitscherndes Vögelchen
Kann man eines Menschen, den man liebt, überdrüssig werden? Sich plötzlich nach Freiraum sehnen? Es gibt schließlich nichts Schöneres, als so viel Zeit wie möglich zu zweit zu verbringen. Wie falsch ich damit liege, fällt mir meistens erst dann auf, wenn ich plötzlich das bin, wovor ich mich sonst so sehr fürchte: allein. Me, myself and I.