Ich weiß, dass du diese Art von Freundin verdienst
Zwei Stunden später sitze ich eingequetscht auf einer Holzbank unter dem Musiklautsprecher. Du redest angeregt mit einem Kumpel und tätschelst mir ab und zu das Bein. Ich schaue auf die Uhr und rechne in Gedanken, wie viele Stunden Schlaf ich maximal noch bekomme. Dein Glas ist halb voll. Ich lehne mich zu dir und sage, dass ich langsam gern nach Hause gehen möchte, in der Hoffnung, dass du dann vielleicht kein neues Bier bestellst.
Ich versuche bewusst, nicht nörgelig zu sein. Du sagst: „Okay“ und drehst dich wieder zu deinem Kollegen. Ich versuche, am Gespräch teilzunehmen, interessant zu sein, nicht das blöde Anhängsel, das nichts sagt. Ich weiß, dass du diese Art von Freundin verdienst. Aber ihr redet über Fußball, und es ist so laut, dass ich mich echt nicht beteiligen kann. Und irgendwie habe ich auch langsam keinen Bock mehr. Ich bin müde, und morgen klingelt der Wecker wieder früh.
Warum kann ich nicht anders sein?
Ich schaue auf die Uhr. Viertel vor zwölf. In deinem Glas ist noch ein letzter Rest, der da schon seit zwanzig Minuten herumdümpelt. Sieht aus wie Urin und ist bestimmt auch genauso warm. Ich bin stinksauer, wobei ich nicht weiß, welcher Grund überwiegt: Weil du nicht auf mich Rücksicht nimmst? Oder weil ich mich bemühe, eine tolle Freundin zu sein und meine eigenen Interessen zurückstecke, am Ende aber doch wieder versage. Warum kann ich nicht einfach eine entspannte, lustige, gesellige Frau sein? Warum muss ich immer so spießig sein?
Ich lasse mir nichts anmerken
Als wir irgendwann aufbrechen, brodelt es in mir. Ich werde steif, als du deinen Arm um mich legst und fröhlich vor dich hin pfeifst. Ich bin kurz angebunden und drehe den Kopf weg, wenn du mich küssen willst. Ich lege mir tausend Sätze bereit, die ich dir an den Kopf werfen will. Aber nein, das darf ich natürlich nicht! Denn das macht eine gute Freundin nicht. Und wenn ich sie sagen würde, würden wir uns streiten. Und das wäre nicht gut für unsere Beziehung. Also beiße ich die Zähne zusammen, drücke die Wuttränen zurück und versuche mir nichts anmerken zu lassen.