Die histrionische Persönlichkeitsstörung
Klar, man kann leichter oder stärker histrionisch sein. Persönlichkeitsstile sind nie ein krudes Entweder-Oder. Es gibt fließende Übergänge. Histrionische Persönlichkeitszüge zu haben ist per se noch nichts Schlimmes, auch wenn „Drama Queens“ ja oft ein eher negativer Ruf anhaftet. Aber wenn wir mal ehrlich sind, dann hat so ziemlich jeder Mensch so seine Sonnen- und Schattenseiten. Wenn allerdings die histrionischen Züge sehr stark ausgeprägt sind, sprechen Gesundheitsexperten von einer „histrionischen Persönlichkeitsstörung“.
Die World Health Organization in ihrer ICD-Klassifikation (F60.4, ICD-10-GM-2019) definiert diese als: „Eine Persönlichkeitsstörung, die durch oberflächliche und labile Affektivität, Dramatisierung, einen theatralischen, übertriebenen Ausdruck von Gefühlen, durch Suggestibilität, Egozentrik, Genusssucht, Mangel an Rücksichtnahme, erhöhte Kränkbarkeit und ein dauerndes Verlangen nach Anerkennung, äußeren Reizen und Aufmerksamkeit gekennzeichnet ist.“
Es wird davon ausgegangen, dass leicht mehr Frauen als Männer betroffen sind. Einige Experten bestreiten allerdings dieses Geschlechterverhältnis und weisen darauf hin, dass Frauen häufiger als histrionisch, Männer häufiger als narzisstisch klassifiziert werden und beide Konzepte zwar mitnichten deckungsgleich, aber eben doch zumindest verwandt seien.
Tipps für den Umgang mit einem histrionischen Partner
Wenn Ihre Partnerin oder Ihr Partner eine deutlich ausgeprägte histrionische Persönlichkeit hat (aber noch ohne „Krankheitswert“), können Ihnen die folgenden Tipps für das tägliche Miteinander in Ihrer Partnerschaft helfen:
- Histrionikerinnen und Histrioniker brauchen (viel!) Aufmerksamkeit. Schenken Sie ihnen diese so oft wie möglich – wenn Ihnen das möglich ist.
- Formulieren Sie zugleich aber persönliche Grenzen, die vom anderen nicht überschritten werden dürfen. Lassen Sie sich nicht emotional ausnutzen oder gar ausbeuten.
- Sie haben in einer gesunden erwachsenen Beziehung das Recht, vom Partner „gesehen“ zu werden – auch wenn dieser selbst enorm viel Aufmerksamkeit braucht. Lassen Sie sich nicht auf eine dauerhafte Dysbalance in Sachen „Aufmerksamkeit schenken“ ein, die Sie letztlich unglücklich machen wird
- Es hat Gründe, warum Sie ein Paar sind. Machen Sie sich immer wieder bewusst, was Sie an Ihrer histrionischen Partnerin bzw. Partner anzieht. Oben haben wir einige mögliche Punkte aufgelistet. Denken Sie nicht nur an das, was Sie geben müssen oder „verlieren“, sondern auch an das, was Sie gewinnen.
- Legen Sie sich ein dickes Fell zu, das Ihnen dabei hilft, sich nicht von der (oft labilen) Emotionalität Ihres histrionischen Partners mitreißen zu lassen. Es ist immer gut, zwischen den eigenen Gefühlen und den Gefühlen anderer Menschen zu differenzieren. Sie sind nur für Ihre eigenen verantwortlich.
Wenn Sie mit einem Menschen mit einer (diagnostizierten) histrionischen Persönlichkeitsstörung zusammen sind, sollten Sie Folgendes beherzigen:
- Versuchen Sie nicht, Ihre/n Partner/in zu therapieren – überlassen Sie das den Profis.
- Motivieren Sie Ihre/n Partner/in sanft, aber beharrlich, tatsächlich professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Bei einer histrionischen Persönlichkeitsstörung handelt es sich nicht einfach um eine „etwas extremere Persönlichkeit“, sondern um eine Krankheit, die mit massivem Leiden und häufig noch weiteren Krankheiten einhergeht. Es geht bei der Therapie nicht darum, einen spritzig-lebendigen Menschen „gesellschaftskonform“ zu machen, sondern einen handfesten Leidenszustand abzumildern, der sich negativ auf das Leben des Betroffenen, oft aber auch auf das von Angehörigen auswirkt.
- Geben Sie sich nicht selbst auf beim „Mit-leiden“ bzw. in den Dramen, die Ihnen ein histrionischer Partner aufbürdet. Ziehen Sie Grenzen; notfalls kann das auch eine Trennung bedeuten.
Lesen Sie auch: