Das Schlafen im Ehebett: angeblich ungesund und deshalb gar nicht mehr im Trend. Unser Gastautor Georg Harrell möchte aufs gemeinsame Kuscheln und Schlafen aber auf keinen Fall verzichten, getrennte Betten? Kommen für ihn nicht in Frage
Ich bin ein unruhiger Schläfer. Als ausgewiesenes Kuschelmonster benötige ich mindestens zwei Positionswechsel, bis ich Ruhe finden kann: Zunächst die linke Seite für die bequeme Löffelstellung mit Fangarmunterstützung, dann die rechte Seite, um mit Blick aufs Schlafzimmerfenster das passende Traum-Setting zu finden. „Little Nemo“ besuchte in den Comics aus den Jahren um 1900 Nacht für Nacht das magische “Slumberland”, ich bin hingegen ein Opfer moderner apokalyptischer Distopien aus Film und Literatur. Zombies, Agenten, Aliens, Nazis – was mich nachts durch meine Träume jagt, gäbe Stoff für interessante Thriller ab. Manchmal spreche ich im Schlaf sogar mit den komischen Typen, die mich durch die unterschiedlichste Scifi-Endzeit-Szenarien hetzen, und wenn das nicht hilft, fliege ich einfach davon, weshalb dies auch niemals Albträume für mich sind, sondern eigentlich sehr heitere Geisterbahnfahrten.
Gut für mich, schlecht für meine bessere Hälfte. Denn diese Fluchtszenarien sorgen für eine Menge Bewegung im Ehebett. Hinzu kommt, dass ich, wie wohl alle Männer, mich gelegentlich mit der Forstwirtschaft solidarisiere und rostige Holzfällermelodien krächze. Als wäre das nicht anstrengend genug, leide ich unter dem sogenannten Restless Leg Syndrom. Das heißt, das wohlbekannte Zucken des Körpers in der ersten Einschlafphase beschränkt sich bei mir nicht auf ein einmaliges Erlebnis: Das mache ich die ganze Nacht lang. Alle 20 Sekunden schüttle ich meine Beine oder drehe mit meinen Füßen.
Wenn es also einen Kandidaten gibt, der bereits aus Gründen der Fürsorge und der Rücksicht besser in einem anderen Bett schlafen sollte, dann ich. Ich könnte das neben mir niemals eine ganze Nacht aushalten. Ich würde mich aufs Sofa oder Gästebett oder in die Badewanne verbannen. Ja, es gibt sie auch, diese Nächte, in denen meine bessere Hälfte ungnädig an mir ruckelt und mich so wortlos bittet, den Hals etwas mehr in den Nacken zu strecken oder sonstwie eine andere, ruhigere Schlafposition einzunehmen. Nach einigen Jahren gelingt uns das mittlerweile, ohne dabei wirklich wach zu werden. Ohrstöpsel in allen Farben sind bei uns sowieso immer am Bettrand aufgereiht wie eine Spezialeinheit für besseres Schlafen. Die Sorge, dass ich wieder unruhig durch die Nacht flüchte, fliege oder rotiere, hält mich oft sehr lange wach, da bin ich dann von mir selbst so angenervt, dass auch keine Notfall-Chakras oder Meditationen Ruhe bringen. Dann verschwinde ich mit etwas zu Lesen im Wohnzimmer und kehre erst zurück, wenn ich die Augen gar nicht mehr offen halten kann. Mit Glück geschieht das vor Sonnenaufgang.
Dennoch würden wir nicht aufs gemeinsame Schlafen im Ehebett verzichten wollen. Wir kennen die Studien, die belegen wollen, dass Menschen gar nicht geschaffen sind, zusammen zu schlafen. Und halten die für Unsinn. Gruppen schliefen schon immer zusammen, in anderen Kulturen ist dies bei Familien durchaus üblich, auch hierzulande wird über Familienbetten diskutiert, in denen Eltern und Kinder so lange gemeinsam nächtigen, bis der Nachwuchs irgendwann seine Freiheit einfordert. Meine Eltern hatten über Jahrzehnte getrennte Schlafzimmer, in der Prägung meiner Beziehungswerte für den Erfolg einer Ehe ist also nicht das gemeinsame Bett unverzichtbar. Trotzdem möchte ich ihnen da nicht nacheifern.