Ab ca. dem 40. Lebensjahr erinnern wir uns vermehrt an Erlebnisse zwischen unserem 15. und 25. Lebensjahr. Dies ist die Lebensphase, in der wir viele neue Erfahrungen sammeln, also Dinge zum ersten Mal erleben (erster Kuss, erste große Liebe, das erste Mal allein von zu Hause weg usw.). Sie ist sehr prägend und bleibt deshalb besonders deutlich in unserer Erinnerung. Es ist das Alter, in dem wir unsere Identität entwickeln (6).
Dass wir uns besonders positiv an die Vergangenheit erinnern, ist eine Art Schutzmechanismus unserer Psyche, es dient zur Stützung des Selbstwertgefühls. Denn unsere Erinnerung ist wesentlich, wenn es um unser Selbstkonzept geht. Ohne unser Zutun und Wissen blenden wir unbewusst negative Emotionen (z.B. Selbstzweifel) und Erlebnisse aus und behalten so ein positives Bild von uns selbst.
Lief früher schlecht, wird wieder schlecht laufen
Die Vergangenheitsverklärung hat auch einen stimmungsaufhellenden Effekt: Wenn es gerade blöde läuft, wenigstens früher war es schön. Und wir schwelgen in Erinnerungen. Wirkt aber nur sehr kurzfristig. Und man darf es nicht übertreiben, denn dann droht die ganze Erinnerungslobhudelei in eine andere Richtung zu kippen. Erhebt man nämlich das verklärt verzerrte Vergangene zum goldenen Zeitalter, kann man sich im bösen Hier und Jetzt nur hundsmiserabel fühlen. Damit kann man sich prächtig unglücklich machen (7).
Würde ich wirklich nicht empfehlen.
Was also tun, um nicht in diese Vergangenheitsverklärungfalle zu tappen und beim nächsten verhunzten Samstag allein auf dem Sofa den Exfreund anzurufen oder die alten Fotoalben der Schulzeit rauszukramen? Tagebuch führen, zum Beispiel. Und schreiben Sie sich bitte bei der nächsten Trennung ganz detailliert auf, warum es so weit kommen konnte. Dem Notierten Glauben zu schenken, wird Ihrer Psyche zwar immer noch schwerfallen, aber vielleicht hilft es Ihrer Erinnerung, ein wenig an der rosaroten Brille vorbei zu schauen.