Fernliebend: Wenn Job und Beziehung an einem Ort nicht möglich sind

Ich habe gelernt, die Entscheidung meines Partners für seinen Beruf nicht als Entscheidung gegen unsere Beziehung aufzufassen, sondern vielmehr als Entscheidung für seine persönliche Entwicklung, von der auch unsere Beziehung profitiert hat. Daran habe ich mir ein Beispiel genommen und mich meinerseits ebenfalls auf mein berufliches Fortkommen konzentriert, aus dem wiederum ich und damit auch unsere Beziehung etwas gewonnen haben.

Nur, wer nicht alles in Frage stellt, kann auch vertrauen

Ich habe gelernt, dass es auch etwas für sich hat, sich aus der Ferne kennen- und lieben zu lernen. Man hat viel Zeit zum Reflektieren und ist an seinen schlechten Tagen im Vorteil des Rückzugs in die eigene Muffelecke. Wenn es knallt, streitet man heftig und erbost, ist aber schnell wieder mit einer Versöhnung und konstruktiven Lösungsversuchen bei der Hand, weil es ein absolutes Elend ist, unversöhnt und ohne Aussicht auf ein schnelles Wiedersehen im Streit den Hörer aufzulegen. Man lernt Vertrauen in den anderen auf eine neue Weise kennen, die voraussetzt, dass man nicht andauernd in Frage stellt, was der andere mitteilt. Dies bedeutet gleichzeitig, die eigene Verlässlichkeit auf die Probe zu stellen und sich daran zu erinnern, dass Vertrauen vor allem dann gelingt, wenn man dieses auch in sich selbst hat. Auf wie viele Arten man „Ich liebe Dich“ sagen oder schreiben kann, damit es nicht zur Floskel verkommt, weiß ich auch erst heute.

Man muss auf eine gemeinsame Perspektive hinleben

Wichtig ist aber doch, in jeder Abwesenheit etwas Gemeinsames zu finden, auf das man hinarbeiten kann. Eine Reise in ein fernes Land vielleicht, zusammen etwas Neues lernen, oder auch die Suche nach einer gemeinsamen Homebase, in die man immer wieder zusammen zurückkehren kann, oder in der der eine auf den anderen wartet.  Das ist etwas anderes, als bei einem Wiedersehen ständig vor der Wahl meine Stadt, seine Stadt, mein Leben, sein Leben zu stehen. Die Perspektive auf etwas, das man zusammen erleben wird, oder das gemeinsam gestaltet werden kann, ist ein guter Motor für den Auftrieb in den langen Stunden ohneeinander. Neben den gemeinsamen Erinnerungen, von denen man während der Zeit ohne den anderen zehrt, ist der Blick auf ein neues „Wenn wir dann …“ ein guter Anker, um sich in den nächsten Hafen des Wiedersehens zu ziehen.

Für die wenigsten kommt eine Fernbeziehung von langer Dauer in Betracht. Auch in unserem Fall ist der Wechselreim von Wiedersehen – Abschied nehmen, Wiedersehen – Abschied nehmen, Wiedersehen – Abschied nehmen bald ausgezählt. Dann wartet eine neue Herausforderung: der gemeinsame Alltag. Und dieser ist wohlmöglich ein noch größeres Abenteuer als die Liebe aus der Ferne.


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