Ein Gutschein für Untreue fürs Beziehungsglück?

In der Praxis ist manche Fantasie viel langweiliger als in der Theorie

Braucht es vielleicht für das Ausleben sexueller Fantasien doch den Tabubruch? Das Verbotene? Das Geheime? Es klingt fraglos verlockend, den Partner einfach machen zu lassen und ihm das zu gönnen. Damit das ohne Verletzung funktioniert, muss jedoch eine Menge abgesprochen werden: Denn wer die Beziehung öffnen will, der muss das für sich und den Partner passende Modell verhandeln. Das ist nicht einfach. Es gibt dafür kein Drehbuch. Wollen Sie vorher oder nachher wissen, was Ihr Partner gemacht hat? Wie genau wollen Sie es wissen? Wollen Sie ein Veto-Recht? Ist Küssen okay? Zuhause oder im Hotel? Wollen Sie den „Gutschein“ Ihres Partners kennen? Wollen Sie danach Sex mit Ihrem Partner? Es gibt so viel zu klären und besprechen – ist das nicht vielleicht noch stressiger als eben doch all die Ratschläge aus den Frauenzeitschriften zu beherzigen mit den Date Nights, den neuen Dessous, den alternativen Stellungen?

Es gibt nicht den einen Rat, der für jedes Paar passt, dazu sind die Beziehungsmodelle, die wir heute leben, viel zu unterschiedlich. Meine persönliche Vermutung ist, dass Paare, die sich tatsächlich Fremdgeh-Gutscheine schenken und damit gut zurechtkommen würden, diese gar nicht benötigen, weil sie ihr Sexleben sowieso frei und gleichzeitig respektvoll ausleben und verhandeln. Was ich aber mag an der Idee ist die Diskussion, die sie auslösen kann bei einem Paar. Denn nur Paare, die sich über ihre Wünsche und Fantasien austauschen können, werden diese auch zusammen ausleben. Und das sollte doch das Ziel sein: die gemeinsame Erfahrung.

Gemeinsame Erfahrungen halten am Ende ein Paar zusammen

Ein Fremdgeh-Gutschein hat fraglos seinen Reiz. Für Beziehungen mit extrem einseitigen und unterschiedliche Libidos vielleicht sogar einen sehr großen. An der Umsetzung zweifle ich jedoch. Die meisten Menschen würden sich wohl doch sehr bedroht und ungeliebt fühlen durch ein solches Geschenk und nicht einordnen können, was es bedeuten soll. Viele würden gewiss zweifeln an der Beziehung und sich fragen: „Schenkt er mir das, weil ich nicht gut genug bin und etwas „lernen“ soll?“, „Ist das ein Quid pro Quo Geschenk, weil er einen Freibrief zum Fremdgehen will?“, „Müssen wir unsere Beziehung öffnen?“ 

Grundsätzlich ist es doch so: Wer denkt, das Gras auf der anderen Seite des Zauns sei grüner – der sollte erst einmal den eigenen Rasen besser pflegen.


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