Klar, es gibt Frauen und Männer, die halten sich für das größte Geschenk an die Menschheit. Aber die meisten machen sich eher kleiner als sie sind. Jule Blogt über die Gefahr der Selbstunterschätzung und welche Gedanken den Selbstwert erhöhen
Mist, schon wieder einen Fehler gemacht. Warum hat mich mein Arbeitgeber eigentlich eingestellt, wenn ich gefühlt mehr Arbeit verursache, als ich erledige? Manchmal habe ich das Gefühl, mein Chef wird mir bald auf die Schliche kommen und feststellen, dass ich gar nicht fähig bin, meine Aufgaben zu erledigen.
Kennen Sie diese Gedanken auch? Dass ich mit diesem Gefühl nicht alleine bin, bemerke ich immer wieder, wenn ich meine Ängste im Freundeskreis anspreche. Eine allgemeine Selbstunterschätzung scheint gerade im Trend zu sein. Und sie hört nicht beim Job auf. Wie oft werden mir Sorgen zugetragen, Beziehungen würden bald auseinandergehen, weil der Partner im Handumdrehen jemand „Besseres“ finden könnte.
Was würde man schon zu bieten haben, abgesehen von ein wenig Zuneigung und einem regelmäßigen warmen Abendessen? Das klingt abgedreht und zu radikal, entstammt aber aus einem Hirn, welches ich für gar nicht so abgedreht halte: meinem.
Die Liste der Gründe, warum mein Partner mich lieben sollte, ist ziemlich kurz
Ich erwische mich tatsächlich regelmäßig dabei, wie ich darüber nachdenke, aus welchen Gründen mein Herzblatt an meiner Seite sein könnte. Die Bestandsaufnahme dauert nicht sehr lang, denn die Liste ist ziemlich kurz, finde ich.
Es gibt Frauen, die mehr Geld haben. Es gibt Frauen, die sportlich sind und deren Körper definitiv mehr zu bieten hat, als meiner. Es gibt Frauen, die ganz anders sind, als ich, die vielleicht einfach besser sind?
Wenn mich mein Partner ab und zu denken hören würde, wäre er schon längst über alle Berge
Das große Problem ist: All dieser Mist spinnt sich in unserem eigenen Hirn zusammen. Wir stellen also die Gründe zusammen, für die wir uns lieben oder eben nicht lieben würden, wären wir in einer Beziehung mit uns selbst. Die wenigsten von uns verfügen über ein so ausgeprägtes Selbstbewusstsein, dass sie sich ihrer Liebenswürdigkeit vollumfänglich bewusst sind.
Wer ist schon mit sich zufrieden und so im Reinen, dass er frei heraus sagen würde: “Mit mir kann man eine ziemlich gute Beziehung führen.” Unsere Selbsteinschätzung hat außerdem einen anderen, ganz gravierenden, Nachteil: Sie bezieht unsere Gedanken mit ein.
Die kruden Dinge, die in unserem Kopf ablaufen, bleiben unserem Partner verborgen. Wenn der Mensch an unserer Seite uns nur ab und zu beim Denken zuhören würde, wäre er nicht längst über alle Berge?
Die Lösung: Eine „Liebesliste“
Warum mich mein Partner liebt? Das kann nur er selbst beantworten. Da die wenigsten Menschen ständig darüber philosophieren, warum sie den Menschen an ihrer Seite haben, der jeden Morgen neben ihnen aufwacht, empfehle ich die Anfertigung einer „Liebesliste“. Lassen Sie Ihren Partner aufschreiben, was die kleinen und großen Dinge sind, die er an Ihnen wertschätzt, für die er sie liebt.
Es können die kleinen Grübchen sein, die erst zutage treten, wenn sie grinsen wie ein Honigpferd. Es kann aber auch die Art und Weise sein, wie die Wäsche aufhängen oder die liebevolle Art, mit der Sie sich um ein gemeinsames Haustier kümmern. Die möglichen Punkte, die auf der „Liebesliste“ stehen können, sind schier unbegrenzt. Sie lieben Ihren Partner schließlich auch nicht nur für seine tolle Figur, oder?
Ergebnis: Ein stärkeres Selbstbewusstsein und eine objektivere Selbstwahrnehmung
Am besten machen Sie sich ein Foto der Liste, speichern es auf Ihrem Smartphone und haben es immer zur Hand, wenn mal wieder die Zweifel an Ihnen nagen. Sich darüber bewusst zu werden, wie wertvoll man für einen anderen Menschen ist, stärkt das Selbstbewusstsein und sorgt für eine objektivere Selbstwahrnehmung. Und wenn Sie schon einmal dabei sind, sich mit den liebenswürdigen Kleinigkeiten an sich selbst zu beschäftigen, legen Sie doch eine eigene Liste an, die die Gründe Ihrer Liebe zu Ihrem Partner festhält.
Ich bin froh, so eine Aufstellung am Anfang meiner Beziehung notiert zu haben. Sobald ich merke, dass ich vermehrt an meinem Herzblatt herummeckere, hole ich die Liste heraus und stelle fest, wie nichtig und klein unsere Probleme sind, wenn ich sie in Relation zu den Gründen meiner Liebe betrachte.