Lasst uns Klartext sprechen, ihr Prinzessinnen und Prinzen, die ihr auf rosa Wolken schwebend lustige Heiratsanträge auf Youtube liked und teilt. Zum Heiraten braucht es harte, nun ja, … einen harten Willen!
Hier sind einige Prüfungen und Herausforderungen, die nach dem “Happy Ever After” auf das Märchen-Paar zukommen werden. Und ein paar Belohnungen. Ohne die wäre das alles auch wirklich kein Spaß. Oder?
Prüfung 1: Die Schwiegereltern
Eigentlich müssten Eltern für die Therapie- und Beratungsstunden ihrer Sprößlinge aufkommen. Schließlich haben sie es verbockt: den Bindungsstil, die Umgangsformen, die Streitkultur und eigentlich überhaupt alles.
Und als ob man nicht genug beschäftigt wäre, die frühkindlichen Prägungen aus dem eigenen Elternhaus zu bewerten und unter fachkundlicher Hilfe zu verändern, erhält man mit der Ehe noch so ein Pracht-Paar dazu, das mit jedem Lächeln sagt: „Kennt ihr eigentlich den Spruch: Wir heiraten alle unsere Eltern?“
Ruckzuck liegen wir also mindestens zu sechst im Bett (bei Patchworkern kommen sogar noch mehr hinzu!): die Eheleute, deren Eltern und, wenn es besonders eng wird, eine gute Handvoll Therapeuten.
Herausforderung:
Ein liebevoller Umgang, der von gegenseitigem Respekt geprägt ist, trotz aller Skepsis, ob der Verzweiflungsschrei „Du bist adoptiert!“ tatsächlich ein Scherz war.
Belohnung:
Ein Ausblick, wie die Partnerin oder der Partner in 25 Jahren aussehen und ticken wird. So kann man sich schon einmal darauf einstellen. Oder etwas dagegen tun. Womit wir wieder bei der Therapie sind. Tipp: Familienaufstellung wird immer gerne genommen.
Prüfung 2: Der gemeinsame Käfig
Oh ja, auch Menschen zeigen Territorialverhalten, allerdings zeigt sich dies nicht in Markierungen des Reviers (zumindest selten), sondern in temporären Dimensionsverschiebungen. Also: „Wie um Himmels willen passte dieser ganze Kram eigentlich in deine Wohnung?“
Für Männer stellt sich die Frage, ob sie tatsächlich verantworten können, ihre Klamotten aus der gewohnten Umgebung von flauschig-weichen Umzugskartons umzusiedeln in lackierte Pressspan-Verschläge mit Socken-Schubladen, Schiebetüren und Ganzkörper-Spiegel. Frauen auf der anderen Seite stellen fest, dass ihr Haufen gestapelter Schuhe und Handtaschen mittlerweile ein eigenes Ankleidezimmer benötigt.
Herausforderung:
Finden Sie in einer bezahlbaren Dreiraumwohnung einen kuscheligen Rückzugsort für die über Jahre angesammelten Erinnerungsstücke und sich selbst. Und parken Sie Ihre Partnerin oder Ihren Partner irgendwo, wo sie/er nicht weiter stört, wenn die Freundinnen oder Kumpels zu Besuch kommen, um endlich mal den eigenen Käfig zu verlassen.
Belohnung:
Auf wundersame Art wandert Ihre Wäsche plötzlich von selbst in den Trockner, auf dem Toilettenpapier-Baum wächst fluffig Dreilagiges und der Kühlschrank füllt sich selbst, wobei er sogar die lichtempfindlich knurrenden Pizzareste von vor einem Monat entsorgt. Wenn Sie lange genug warten. Und Sie ab und an selbstlosen Sex gegen Haushaltsaktivitäten tauschen.
Prüfung 3: Der leidenschaftliche Sex
Als Single denken Sie, alle anderen Singles hätten öfter und besseren Sex als Sie. Sind Sie erst verheiratet, denken Sie das über alle anderen Paare. Das frustriert sogar ein klein wenig mehr, denn alle diese doofen Ratgeber-Typen und -Texte sagen Ihnen zusätzlich, dass zwangsläufig und unwiderruflich irgendwann die Leidenschaft bei allen Paaren der Harmonie weicht.
Gegen das hormonell bedingte Schicksal der Langzeitbeziehungs-Lustlosigkeit gibt es allerdings je nach persönlicher Experimentierfreude spaßige Wäsche, fröhliches Spielzeug und heiteren Partnertausch (abgesprochen im Swinger Club oder heimlich im Seitensprungportal). Ach ja, die Ratgeber sagen auch noch: Guter Sex ist harte Arbeit. Das klingt nicht nur anstrengend, das ist es. Welcome to the real world!
Herausforderung:
Sie müssen das Belohnungszentrum immer wieder neu reizen, weil dieses leider dank Netflix-Fernbedienung auf einer sehr gemütlichen Coach mit verstärktem Schwerkraft-Einfluss verkümmert. Hinzu kommt, dass es immer schwerer wird, im Sexshop etwas zu entdecken, das nicht bereits mehr Erfahrung gemacht hat als Sie. Besonders heikel wird es übrigens, dass das Gras auf der anderen Seite des Zaunes täglich grüner erscheint, vor allem wenn es von der neu eingezogenen jungen Nachbarin im Bikini oder dem schelmisch grinsenden Gärtner mit dem fein modellierten Sixpack gegossen wird.
Belohnung:
Da gibt es gleich zwei freudige Erkenntnisse, die ehrlicherweise durchaus im Bereich des Zweckoptimismus einzuordnen sind.
Erstens: Sie haben vielleicht nicht mehr so häufig Sex wie früher. Dafür aber wird er immer besser und intensiver. Schließlich weiß der Partner oder die Partnerin endlich, endlich, endlich, wie es geht.
Zweitens: Mit zunehmendem Alter sinkt der Erwartungsdruck aus dem Kreis der Vergleichspaare, wenn Sie beim Pärchenabend hören, dass Herr und Frau Vorzeige-Ehepaar es gerade einmal im Quartal tun und Sie endlich, endlich, endlich mal mehr Sex haben als die anderen.