In dieses Schema passte Heinrich. Thea lernt ihn während des Studiums kennen, er will Anwalt werden, er spielt Klavier, alles passt. Theas Eltern sind entzückt, als sie Heinrich kennenlernen. „Wir hatten quasi sofort ihren Segen“, sagt Thea. „Ich war verliebt in Heinrich, ich freute mich, dass meine Eltern ihn mochten, aber wenn ich heute an diese Zeit zurückdenke, weiß ich, dass ich nicht wirklich glücklich war. Im Bett zum Beispiel habe ich mich fürchterlich gelangweilt mit Heinrich. Ich hatte nicht viel Erfahrung, doch ich ahnte, das kann es nicht sein, Augen zu und an England denken, so war der Sex. Heinrich war wahnsinnig verklemmt. Ich nicht, ich war sinnlich und neugierig. Diese Verklemmtheit wurde in der Ehe noch schlimmer, und auch im Alltag war Heinrich kalt, und später war er unserem Sohn gegenüber lieblos und streng. Ein Ekel war Heinrich. Ich bin froh, dass ich ihn los bin, und auch Jan ist enttäuscht von seinem Vater. Er sieht ihn ab und zu, aber er hat kein Verhältnis zu ihm. Das liegt daran, dass Heinrich nicht in der Lage gewesen ist, Jan Liebe zu geben, er hat ihn am ausgestreckten Arm emotional verhungern lassen. Das ist bei Josef anders, er liebt Jan, er kann das zeigen, er ist Jan ein Vater mit allem Drum und Dran. Ich habe das Gefühl, Jan und ich, wir haben erst durch Josefs Liebe kennengelernt. Und ich habe auch durch Josef erst erfahren, was körperliche Liebe ist.“
Endlich glücklich, aber Theas Welt spielt nicht mit
Das Unglück, das Thea in der Beziehung mit Josef mehr und mehr empfindet, die Zweifel, die kommen von außen. Für die Eltern ist Josef sowieso kein Thema. Thea hat sie einmal eingeladen, Josef hat gekocht, er hat sich Mühe gegeben, auf die Eltern zuzugehen, war herzlich und offen. Die Eltern haben ihm deutlich gezeigt, dass sie finden, dass er unter ihrem und unter Theas Niveau ist. Sie haben ihn behandelt wie Personal. Mit Theas Freunden ist es ähnlich, sie versuchen zwar, nett zu Josef zu sein, doch sie sind nicht in der Lage eine wirkliche Beziehung zu ihm aufzubauen. „Sie sind borniert“, sagt Thea. „Irgendwann kam uns keiner mehr besuchen, wir wurden nicht mehr eingeladen, Josef und ich. Nur ein alter Freund von mir, Jochen, versteht, dass ich mit Josef zusammen bin, sucht unsere Nähe. Jochen findet Josef total interessant, das ist er auch, seine Biographie ist vielleicht keine klassische Erfolgsgeschichte, aber sie ist das Zeugnis eines Menschen, der sich selbst treu ist.
Josef ist ein echter Individualist, die Schule machte ihm keinen Spaß, nach der mittleren Reife ist er abgegangen, er hat eine Lehre angefangen und abgebrochen, er mag sich nicht unterordnen, er hatte nie Lust auf Karriere, er will sein eigener Herr sein, es macht ihm nichts aus, von Jobs zu leben, auch wenn das für einen Mann Anfang 40 für viele nicht mehr richtig passt. Josef ist einfach er selbst. Dafür liebe ich ihn, Er ist so vital und lebendig. Durch ihn bin ich darauf gekommen, dass das stimmt, dass man nur mit dem Herzen gut sieht, gut liebt.“