Sascha Grimm über Instagram-Momente, Selfies und die Frage, wie viel Selbstinszenierung die Liebe verträgt
Meine Ex-Freundin war ein echtes Smartphone-Mädchen. Ständig und überall hatte sie ihr Handy in der Hand. Am Strand, im Restaurant, in der Badewanne – ja, sogar beim Kaffeeklatsch bei meiner Oma. Denn: Wer weiß schon, wann einem der nächste „Instagram-Moment“ über den Weg läuft.
Ähm ja, Moment mal bitte, Instagram-Moment? Ja, genau. Das sind Momente, die der Welt zeigen, wie irre glücklich man gerade ist. Der perfekte Sonnenuntergang am Strand, zwei prickelnde Sektgläser am Silvesterabend, der 5-Sterne-Lachs mit Karamell-Kartoffeln im Nobel-Restaurant. Foto machen, Bildausschnitt wählen, Filter drüber, Hashtag #bestmomentofmylifeforeverandever!
Gut. Kann man machen – muss man aber nicht. Ich persönlich fotografiere zwar nur für meine Fotoalben-Sammlung, meine Küchen-Pinnwand und die Besuche bei meinen Eltern („Guck mal Mama, da war ich in …“). Aber das muss am Ende jeder selbst entscheiden. Wer seine schönsten Momente mit der ganzen Welt teilen möchte, soll das tun. Dagegen habe ich überhaupt nichts. Aber es gibt ja leider auch noch eine Steigerung bei den Instagram-Moment-Menschen – und zwar diejenigen, die sich selbst zum Instagram-Moment machen:
#memyselfandI
Das letzte Mädchen, das ich gedatet habe, gehörte zu dieser Sorte Frau (von denen es übrigens auch jede Menge Herren gibt). Und in diesem Fall war nicht nur ihr Smartphone allgegenwärtig, sondern auch der perfekt inszenierte (immer gleiche) Fotoblick: Handy nach schräg rechts oben, Gesicht leicht zur Seite gedreht, Lippen nach vorne gedrückt und die Augen groß gemacht. Klick – fertig ist das perfekte Instagram-Moment-Selfie (auf dem man übrigens dank optimaler Kameraführung auch noch fünf Kilo leichter aussieht)!
Gut. Wenn man ab und zu mal ein Selfie von sich macht, ist man ja noch lange nicht Selfie-süchtig, werden Sie jetzt sagen. Mal hier, mal da ein Foto von sich – das ist doch völlig okay. Stimmt. Aber was ist, wenn Ihr Partner oder Date STÄNDIG Bilder von sich selbst macht? Nicht nur am Strand, an Silvester oder im 5-Sterne-Restaurant, sondern auch vorm Käse-Regal im Supermarkt (#Ilovecheese), an der Tankstelle (#zapfsäulenpower) oder beim Tatort schauen am Sonntag (#loggerimjogger).