Immer mehr Menschen wünschen sich, zu heiraten. Doch wie gelingt es, eine lebenslange und vor allem glückliche Partnerschaft zu führen? Belinda Luscombe verrät in ihrem Buch „Heiraten ist gar nicht schwer“, wie man die Herausforderungen einer Ehe meistert und auch nach der Hochzeit die gemeinsame Liebe lebt. Ein Buchauszug
„Ich verrate Ihnen jetzt, wie man einen Menschen meiner Meinung nach am effektivsten in den Wahnsinn treibt: Man redet ihm ein, es gäbe nur das eine richtige Auto für ihn. Und das müsste er in dem schier grenzenlosen Angebot an Autos finden. Nur dieses eine Auto kann ihn restlos glücklich machen. Wenn er diesen einen Wagen nicht ausfindig macht oder er schon im Besitz eines anderen ist, hat er Pech gehabt. Oder noch schlimmer, er entscheidet sich irrtümlich für ein Auto, das nicht ganz perfekt ist; dann hat er zwar einen fahrbaren Untersatz, wird aber nie richtig zufrieden damit sein.
Wie man jemanden dazu bringt, einem einen solchen Quatsch abzukaufen? Ganz einfach: Man erfindet lauter wunderbare Geschichten über Menschen, die das eine richtige Auto gefunden haben. Man lässt Künstler ein Lied davon singen, Bücher werden geschrieben vom Suchen nach dem einen Auto und dem Finden. Zusätzlich suggeriert man den kaufbereiten Interessenten, dieses eine Auto sei mit allen Raffinessen ausgestattet, müsste nie in die Werkstatt und hätte niemals eine Panne. Nachtanken muss man natürlich auch nicht. Irgendwann kommt jemand auf die glorreiche Idee, sämtliche Fahrzeuge in einer Datenbank zu führen, auf welche die potenziellen Autokäufer Zugriff haben. Jetzt kann die Suche über Landesgrenzen hinaus ausgeweitet werden, und man sieht auf den ersten Blick, welches Modell den persönlichen Anforderungen gerecht wird. In diese Datenbank gibt man einfach nur die gewünschten Kriterien ein – Allradantrieb, sparsamer Spritverbrauch, Servolenkung –, und schon spuckt der Computer das infrage kommende Modell aus.
Als nächstes baut man eine Tradition auf, die eine gigantische Party beinhaltet, sobald der Kaufvertrag unterzeichnet ist. Sämtliche Freunde und Verwandten sind eingeladen, mit großem Hurra bewerfen sie einen mit Reis und machen unzählige Fotos, und der frisch gebackene Autobesitzer trägt ein irrsinnig teures Outfit, das er im Leben nie wieder anziehen wird.
Doch wehe, der Fahrer ist auch nur einmal von seinem Automobil enttäuscht, wenn es beispielsweise einen Kratzer abbekommt oder der Sicherheitsgurt klemmt oder das doofe Bremslicht flackert. Dann kann er es zwar wieder abgeben, würde dabei aber Unmengen Geld verlieren.
Dass das alles ausgemachter Blödsinn ist, darin sind wir uns hoffentlich einig. Man würde entweder nie ein Auto kaufen oder das alte ständig gegen ein neues eintauschen, bis man völlig verrückt wird. Zu glauben, es gäbe nur einen einzigen Autotyp, eine Biermarke oder ein Hosenmodell, das perfekt für einen ist, würde dazu führen, dass man nie wieder eine Hose tragen oder Bier trinken will.
Genauso hirnrissig und unergiebig ist die Suche nach dem Seelenverwandten. So ein Seelenverwandter ist kein Gegenstand. Zumindest keiner, den man finden könnte. Er ist ein Mythos, den genau jene Leute vermarkten, die auch Kinotickets und Musikdownloads und Abonnements für eHarmony verkaufen. Die Chance, dass man genau die eine Person, die angeblich perfekt zu einem passt, ausfindig macht, sie attraktiv und sympathisch findet und dann auch noch vertraglich an sich binden kann, ist verschwindend gering. Über einen solchen Seelenverwandten stolpert man nicht einfach so wie über eine seltene Muschel am Strand. Wir werden erst dazu. Zusammen mit dem Partner entwickelt man sich in diese Richtung. Einer von uns ist das Meer, der andere der Sand, zusammen ergeben wir einen Strand, verändern unsere Gestalt im Wechselspiel der Gezeiten, aber immer im Einklang miteinander. Und dabei wird sogar die eine oder andere wunderschöne Muschel angespült.
Das bedeutet allerdings nicht im Umkehrschluss, dass erst der Partner einen vervollständigt und man durch ihn zu etwas Ganzem wird. Er oder sie macht einen nicht zu einem neuen Menschen, der immer glücklich und zufrieden, immer pünktlich ist, keine Fehler begeht. Vielleicht glaubt man, die perfekte Kombination aus Sexgott und Sternekoch gefunden zu haben, und damit seien alle Probleme gelöst. Doch so ist es nicht, so läuft das nicht in der Ehe. Heiraten bedeutet, dass man sein Schicksal mit dem anderen teilt, immer mit dem Hintergedanken: »Ich glaube, mit dir zusammen könnte diese Reise noch mehr Spaß machen.«
Carol Dweck, Professorin für Psychologie an der Stanford University, hat sich mit dem Unterschied zwischen einem festgefahrenen und einem dynamischen Selbstbild beschäftigt und eine Theorie aufgestellt. Festgefahren ist ein Selbstbild dann, wenn eine Person in dem Glauben lebt, die eigenen Fähigkeiten und Interessen sowie die persönliche Intelligenz seien einem in die Wiege gelegt. Von einem dynamischen Selbstbild spricht man hingegen, wenn man überzeugt ist, dass man Interessen und Fertigkeiten kultivieren kann. Menschen mit einem festgefahrenen Selbstbild brauchen demnach sehr viel Zeit, eigene Interessen herauszubilden oder eine Berufswahl zu treffen. Solche mit einem dynamischen Selbstbild setzen sich im Vergleich dazu länger mit etwas auseinander und treffen ihre Entscheidungen basierend auf ihren Erkenntnissen. Eine funktionierende Ehe erfordert Dweck zufolge ein dynamisches Selbstbild. Man baut sich nicht ein Leben mit dem Einen auf, sondern mit irgendeinem. Und auf dieser Grundlage arbeitet man fortan daran, alles zu perfektionieren, sei es die Kommunikation, die gegenseitige Zuneigung oder die beiderseitige Wertschätzung. Das geht sogar so weit, dass man auch die Schrullen des anderen zu akzeptieren lernt.