Wie unser Bindungsstil das Liebesglück prägt und welche Kombinationen am besten zusammen passen
Der neue Freund der besten Freundin scheint ein ernstes Problem zu haben. Er heißt Max und ist niemals da, wenn sie es erwartet. Er legt keinen Wert auf feste Dates, lieber steht er spontan in der Nacht vor ihrer Haustür. Er taucht auf und wieder ab, hinterlässt Verwirrung und große Gefühle. Doch Sarah liebt ihn. Alles. Seine Spontanität, sein Lächeln, sein Geheimnis: „Durch ihn fühle ich mich wie ein Teenager. Verknallt, aufgeregt und wagemutig. Manchmal leide ich, doch meistens komme ich gut mit ihm klar.” Wie wird diese Beziehung weitergehen? Passen zwei derart unterschiedliche Persönlichkeiten überhaupt zusammen?
Wenn sich ein Beziehungsflüchtling mit einer Romantikerin paart, ist das noch keine Katastrophe, sondern erst mal nur der Zusammenstoß zweier unterschiedlicher Bindungsstile. Einer wie Max verhält sich „gleichgültig-vermeidend.” Die Psychologie kennt vier Bindungsstile, in die sich jeder Mensch einordnen lässt: Ob wir uns gegenüber dem Partner „sicher” verhalten oder eher „ängstlich-ambivalent”, „ängstlich-vermeidend” oder „gleichgültig-vermeidend” ist das Resultat unserer Erfahrung mit den wichtigsten Menschen unseres Lebens: den Eltern. Das Erleben von Nähe und Distanz sowie Erziehungsstil setzen Meilensteine für unsere spätere Beziehungskarriere. Für immer?
Jessica liebt nur bestimmte Männer. Er hat eine Freundin, lebt in einer anderen Stadt oder will in drei Monaten nach Kanada auswandern? Großartig! Her damit! Je komplizierter, desto besser. „Bloß keine Anzugtypen. Ich mag die schrammeligen und verqueeren Typen. Die sind kreativer und interessanter“, findet die 32-jährige Marketing-Assistentin. Sie denkt gar nicht daran, jemals mit einem Mann zusammenzuziehen, geschweige denn eine Familie zu gründen. Ihr Lieblingssatz: „Ich will ja nichts von ihm.” Wirklich wahr?
Menschen wie Jessica geben sich beste Mühe, damit große Nähe gar nicht erst entsteht. So riskiert sie keine Zurückweisung. „Ängstlich-vermeidende” Menschen sind schwer greifbar, weil sie geschickt ihre wahren Gefühle verbergen. Häufig sind es diejenigen, die immer auf dem Sprung zur nächsten Party sind, viele Freunde haben, sich aber ungern festnageln lassen. Sie fordern viel Aufmerksamkeit, geben aber wenig zurück.
Welches wäre nun der richtige Mann für Jessica? Falsche Frage! Denn nur sie selbst kann etwas ändern. Sie könnte über ihre innere Mauer schauen, Menschen richtig wahrnehmen und sich dann Stück für Stück öffnen. Denn die gute Nachricht lautet, dass unser Bindungsstil nicht starr bleibt, sondern sich glücklicherweise wandeln kann. Untersuchungen zeigen, dass 30 bis 40 Prozent ihren Bindungsstil im Laufe der Zeit ändern. Unser Verhalten kann also durch neue Beziehungserfahrungen beeinflusst werden.
Das gilt auch für die Menschen mit einem „ängstlich-ambivalentem” Bindungsstil. Sie haben große Sehnsucht nach Nähe bei einer negativen Selbstwahrnehmung. Der Partner wird glorifiziert, während man sich selbst als unwürdig für den anderen betrachtet. Klingt wenig aussichtsreich, dennoch gibt es auch für diesen Typus Hoffnung. Denn der ängstliche Typ ist immerhin motiviert. So kommen Anziehungskräfte zustande, die stabiler sein können, als wenn beide vom gleichgültigen Schlag wären. Trifft der Ängstliche einen Partner mit sicherem Bindungsstil, der Anhänglichkeit gut aushalten kann, können beide eine stabile Beziehung führen.
Grundsätzlich sollte jeder versuchen, sein eigenes Beziehungsmuster in Richtung „sicher” zu entwickeln, denn die können mit jedem. Übrigens lebt der Großteil der Bevölkerung (etwa 60 Prozent) nach Expertenmeinung ohnehin mit einem sicheren Bindungsstil, gefolgt von etwa 20 Prozent der „ängstlich-ambivalenten“, der Rest teilt sich auf in die Gruppen der „gleichgültig-vermeidenden“ und die „ängstlich-vermeidenden“.
Alle ängstlichen und gleichgültigen Typen haben also große Chancen auf einen stabilen „sicheren“ Typen zu treffen – mit guten Chancen auf Heilung!