Wir geraten an die Falschen. Wir warten auf was Besseres. Je mehr Optionen wir haben, desto verwirrter werden wir. Nur mit einem veränderten Blick können wir den Sprung zu „beziehungsfähig“ schaffen und der großen Liebe eine Chance geben
Kommt da noch was Besseres? Eine Nacht auf dem Hamburger Kiez mit meinem Freund Felix kann anstrengend werden. Kein Club ist ihm gut genug. Mal ist es ihm zu voll oder zu laut, die Drinks sind zu schwach oder die Frauen zu aufgebrezelt. Also los in den nächsten Laden gleich um die Ecke. Natürlich checkt Felix zwischendurch das Smartphone: wo stecken seine anderen Leute gerade? Erleben die möglicherweise gerade was viel Tolleres? Mit seinen Frauen hantiert er ähnlich rastlos herum. Zwei Jahre dauerte seine längste Beziehung, dann folgten eine zum Scheitern verurteilte Fernbeziehung mit einer Isländerin sowie eine Handvoll One Night Stands und Kurz-Affären. Fehlenden Tatendrang kann ich ihm nicht unterstellen. Neulich hat er sich bei zwei Single-Onlineportalen angemeldet und flirtet über Tinder und Lovoo mit dem Smartphone.
Es klappt ja kaum, sich zwischen 23 Gouda-Sorten zu entscheiden
„Da muss doch mal die richtige dabei sein“ denke ich laut, als wir in der Kälte auf ein Taxi warten. Er wühlt in der Jackentasche nach seinem Smartphone, schüttelt den Kopf. „Weißt Du was? Entweder haben die schon einen Freund, den sie mal kurz betrügen wollen oder sie sind komplett beziehungsunfähig.“ Ich frage zurück: „Und was bitte ist mit Dir?“
Jemanden als „beziehungsunfähig“ zu titulieren, klingt inzwischen nicht mehr wie eine Beleidigung, sondern eher wie ein Kompliment. So inflationär wie heute wurde dieses kleine Adjektiv noch nie benutzt. Es klingt ja toll: nach Freiheit, Unverbindlichkeit, Abenteuer, irgendwie hip. Sich festlegen, das kann man auch morgen noch tun. Später eben, bloß nicht jetzt. Ganz im Sinne der „Generation Maybe“, wie die heute 25- bis 40jährigen auch genannt werden. Ihre gemeinsamen Erkennungsmerkmale: ewige Unentschlossenheit, Orientierungslosigkeit, Job-Fixierung und das Streben nach Selbstoptimierung. Viele Egos wollen heute noch größer, noch besonderer werden. Die Vielfalt an Optionen vom Wohnort bis zu Dutzenden potentiellen Partnern auf verschiedenen Kanälen bedeutet Freiheit und bewirkt eine noch größere Verunsicherung. „Ist das richtig, wie ich lebe?“, „Will ich so leben oder gibt es noch was Besseres?“ Angesichts der vielen Optionen und Wahlmöglichkeiten fällt es verdammt schwer, sich festzulegen. Es klappt ja kaum, sich Samstagmittags vor der Käsetheke zwischen 23 Gouda-Sorten zu entscheiden.