5. „Das größte Hindernis des Lebens ist die Erwartung, die sich auf den nächsten Tag richtet und das Heute verliert.“ (Seneca)
Das Leben findet weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft statt, sondern im Heute. Zukunftspläne, Ziele und aufs Morgen gerichtete Tagträume sind wichtig, um uns zu motivieren, im Hier und Jetzt diejenigen Dinge zu ändern, die uns schaden, und diejenigen Dinge zu stärken und auszubauen, die gut für uns sind. Schnell errichten wir uns auf diese Weise aber ein Gebäude aus Erwartungen, die uns lähmen und überfordern, die uns den Moment mit all seiner Schönheit aus dem Blick verlieren lassen. Seneca hätte Paaren wohl empfohlen: Seid nicht ständig mit euren Gedanken in einer fantasierten Zukunft, sondern schaut euch an, blickt euch tief in die Augen und ins Herz, liebt – heute, hier, gleich jetzt! Carpe diem eben.
6. „Wie die Gedanken sind, die du am häufigsten denkst, ganz so ist auch deine Gesinnung.“ (Marc Aurel)
Noch ein antiker Philosoph und sogar Kaiser: Marc Aurels knackige Lebensweisheit spielt darauf an, wie wichtig es für unser Lebens- und Liebesglück ist, im Sinne einer Gedankenhygiene täglich gut auf die eigenen Gedanken Acht zu geben. Wer sich beispielsweise in eine negative Gedankenspirale reinsteigert (Grübeln), wird in der Regel auch ein negatives Menschen- und Weltbild entwickeln. Wer häufig realistisch-zuversichtliche Gedanken denkt, wird hingegen die meisten seiner Ziele erreichen und eine entsprechende Geisteshaltung entwickeln. Das Gute ist: Es kommt gar nicht darauf an, einmal mit dem Finger zu schnippen und sofort eine völlig andere Einstellung bzw. Gesinnung zu haben (das ist unmöglich), sondern mit einzelnen vorteilhaften, guttuenden Gedanken anzufangen und diese sich langsam, aber stetig ausbreiten zu lassen. Ein einzelner Gedanke kann bereits der Same für einen wunderschönen Baum sein.
7. „Stets glücklich zu sein und ohne Schmerz durch das Leben zu gehen heißt, nur eine Seite der Natur zu kennen.“ (Seneca)
Im Zeitalter von Instagram und Social Media wird positives Denken großgeschrieben. Wo man auch hinblickt: glückliche, strahlende, lächelnde, lachende, feiernde, das Leben in vollen Zügen genießende Menschen. Man könnte von Hyperpositivität sprechen, also einer übersteigerten positiven Geisteshaltung, die für viele im „Good vibes only!“-Prinzip kulminiert. Nichts gegen positives Denken (s.o.), aber wer in die Optimismusfalle tappt, wird früher oder später mit großer Wahrscheinlichkeit mal so richtig auf die Nase fallen. Das Leben ist nun einmal nicht immer schön, entspannt, toll und eine einzige Party – auch dann nicht, wenn wir uns das 24/7 einreden und uns nur mit Menschen umgeben, die diese naive Traumvorstellung mit uns teilen. Es kennt Berge und Täler, Freude und Trauer, Überraschung und Verlust – oben bei Marc Aurel war daher auch nicht umsonst von „realistisch-zuversichtlichen Gedanken“ die Rede. Niemand, wirklich niemand von uns ist gegen Schmerzen gefeit, auch in der Liebe. Nicht umsonst spricht man ja von „Freud‘ und Leid“. Das Leben und die Liebe sind immer beides. Wenn wir das nicht anerkennen, kämpfen wir gegen die Natur und damit gegen uns selbst. Es zu akzeptieren, anzunehmen, gibt uns die Möglichkeit, wirklich tief zu lieben. Jenseits des Imperativs, immer und jederzeit glücklich sein zu müssen – oder zu faken, glücklich zu sein. Denn Liebe ist nicht nur Glück, sondern bisweilen auch Leid, ohne dass dies ihre Schönheit schmälern würde.