Was tun, wenn der Partner unter einer Angststörung leidet?
Letztlich stellt sich immer die Frage danach, wie belastend die Ängste für die Betroffenen selbst sind, wie sehr sie die Lebensqualität einschränken und Angehörige ebenfalls von der Angst in „Mitleidenschaft“ gezogen werden. Wenn Sie z.B. dreimal im Jahr eine Spinne von der Schlafzimmerdecke entfernen müssen, weil Ihre Freundin schreiend aus dem Zimmer flüchtet, müssen Sie sie sicher nicht gleich zum Psychologen schicken. Wenn Ihre Partnerin allerdings aus Angst davor, eine Spinne könnte eventuell irgendwo auftauchen, nicht mehr schlafen kann und Sie jede Nacht weckt, damit Sie akribisch das Zimmer danach absuchen, sie sich aber selbst dann nicht beruhigen kann, wenn Sie ihr versichern, dass Sie nirgends ein solches achtbeiniges Tierchen entdecken konnten, dann führt das langfristig nicht nur zu einem Schlafdefizit auf beiden Seiten, sondern auch zu Konflikten. Die Angst ist immer da, sie schiebt sich zwischen Sie, und alle anderen Aktivitäten kommen zum Erliegen.
Angst ist keine Wahl
Zunächst sollten Sie sich bewusstmachen, um beim obigen Beispiel zu bleiben, dass sich Ihre Partnerin die Angst nicht aussucht, sie hat keine Wahl. Ganz im Gegenteil, in der Regel ist sie sich sogar der Unangemessenheit des Ausmaßes ihrer Furcht angesichts der tatsächlichen Bedrohung bewusst und schämt sich eventuell sogar dafür. Dennoch wird sie diese nicht einfach abstellen können. Manchmal helfen Beruhigungsversuche und Erklärungen zwar kurzfristig, allerdings wird das Ihre Partnerin nicht von ihrer Angst befreien. Das kann sich ermüdend und manchmal auch absurd für Sie anfühlen, weil Sie so der Angst nicht „beikommen“ werden. Auch werden Sie sich vielleicht hin und wieder bremsen müssen, Ihrer Partnerin nicht zu sagen, dass sie sich mal zusammenreißen solle. Machen Sie sich bewusst, dass Angststörungen eben nicht durch Willensanstrengungen in den Griff zu bekommen sind. Und vor allem: Nehmen Sie sie ernst.
Es gibt Hilfe, keiner muss es alleine schaffen
Oft gehen Patienten mit einer Angststörung erst nach jahrelangen Qualen zum Arzt. Vielleicht weil sie denken, dass es sich von selbst wieder bessert, dass sie die Angst allein besiegen können oder auch weil sie sich schämen. Aber: Je früher die pathologische Angst behandelt wird, desto besser sind die Aussichten auf Besserung. Unbehandelt neigen Angststörungen zur Chronifizierung und es kommt häufig zu begleitenden depressiven Episoden.
Als Angehörige/r können Sie deshalb eine große Hilfe sein, wenn Sie ihre/n Partner/in dazu ermutigen, sich professionelle Hilfe zu holen. Das kann im ersten Schritt der vertraute Hausarzt sein, der sie dann an einen Psychotherapeuten oder Psychiater verweisen wird.
Ermutigen Sie Ihre Partnerin bzw. Partner mit der Angststörung, sich den angstauslösenden Situationen zu stellen (Exposition, Konfrontation)
Als Partner sollten Sie sich gut über die jeweilige Form der Angststörung informieren. Es ist Ihrer Partnerin bzw. Partner nicht damit geholfen, wenn Sie sie/ihn vor den angstauslösenden Situationen oder Objekten beschützen und fernhalten wollen. Das mag sie/ihn zwar kurzfristig erleichtern, langfristig wird es den Teufelskreis der Angst jedoch verstärken. Es geht also mehr um die Konfrontation mit der angstauslösenden Situation.
Hier setzen vor allem verhaltenstherapeutische Behandlungskonzepte an, die sich in der Therapie von Angsterkrankungen bewährt haben. Ebenfalls finden tiefenpsychologische sowie körperorientierte Therapien und Entspannungstechniken bei der Behandlung von Angststörungen Anwendung. Bei sehr ausgeprägten Störungsbildern kommen zusätzlich Medikamente (v.a. aus der Gruppe der Antidepressiva) zum Einsatz (3). Leitlinien zur Behandlung von Angststörungen bzw. Indikation bestimmter Behandlungsstrategien finden sich im Internet (6).