Woran lässt sich Liebe erkennen? Wann kann ich mir sicher sein, dass mein Partner mich liebt – und auch, wann ich selbst liebe? Paarberater Eric Hegmann spricht mit der Philosophin Birgit Ehrenberg über die Zeichen der Liebe
Eric Hegmann: Liebe Frau Ehrenberg, das will wohl jeder wissen, der sich verliebt hat: Empfindet der Partner ebenso? Woran lässt sich Liebe erkennen?
Birgit Ehrenberg: Da legen Sie wieder einmal den Finger in die Wunde. Daran scheiden sich die Geister – und viele Ehen oder feste Beziehungen scheitern an diesem Thema. Quasi zur Einleitung plaudere ich aus meinem eigenen Nähkästchen. Als junge Frau habe ich alles festgemacht an den Zeichen der Liebe und mich damit während einer wunderbaren Liebesbeziehung emotional fast um Kopf und Kragen gebracht. Mein Freund war der Beste, er war schön, klug und witzig und unendlich liebevoll, er wollte nur mich, er wollte sein Leben mit mir verbringen, er war für mich der Mann aus dem Bilderbuch. Über Jahre war jeder Tag ein Fest mit ihm.
War ich glücklich? Ja und Nein. Ich hatte dieses „Problem“: Ich wollte unbedingt, dass er mir auf dem Heimweg von der Arbeit Tulpen mitbringt, „einfach so“, jenseits von Geburtstag und Jahrestag, jenseits von einem Anlass, als Zeichen seiner Liebe eben. Wie oft habe ich geklagt: „Wenn Du mich lieben würdest, würdest Du mich mit kleinen Aufmerksamkeiten überraschen! Sie sind die Zeichen der Liebe! Wer nichts mitbringt, liebt nicht!“ Der Mann hat sich partout geweigert, auf dieses simple Modell einzusteigen. Dafür würde ich ihn heute preisen. Damals nicht, damals gab es regelmäßig Vorwürfe, Diskussionen, und die Tränen flossen bei mir. Ich habe den armen Menschen gequält: „An was denkst du, wenn du abends in der U-Bahn sitzt? Denkst du an mich? Wenn du dann aussteigst, befindet sich doch ein Blumenladen an der U-Bahn-Station, warum gehst du nicht rein und kaufst mir ein winziges Pflänzchen? Du liebst mich nicht. Es wäre leicht für dich, mich glücklich zu machen.“
In seinem Modell der „5 Sprachen der Liebe“ benennt Gary Chapman verschiedene „Dialekte“: Lob und Anerkennung, Zweisamkeit, Geschenke, Hilfsbereitschaft sowie Zärtlichkeit und Intimität. Eine schöne Annäherung für Paare, die verschiedene Sprachen verwenden und aneinander vorbeireden. Wie finden Sie den Ansatz?
Die 5 Sprachen der Liebe sind ein akzeptables Modell, um als Paar miteinander in den Dialog zu kommen, um in Verbindung zu sein. Die Zeichen der Liebe vertiefen ja idealerweise die Verbindung zwischen den Liebenden. Geschenke zählen für Chapman auch dazu, sei es drum. Natürlich will ich ein Geschenk nicht generell verpönen, es drückt eben nur nicht die Wahrheit der Liebe aus. Man kann einen Hochkaräter verschenken und einen Tag vorher fremdgegangen sein. Dann lügt die Sprache der Liebe hier, das passiert einem mit der Zweisamkeit oder mit der Hilfsbereitschaft weniger, das sind schon deutlich aussagekräftigere Indikatoren für die Intensität der Liebe.
Klar, wer mich liebt, der will mit mir Zeit verbringen, wer das nicht will, liebt mich tendenziell eher nicht. Und klar, wer mir Tee und Hühnersuppe bringt, wenn ich krank bin, wer mir hilft, meine Wohnung zu streichen oder mit mir meine Oma im Seniorenheim besucht, der liebt mich auch sehr wahrscheinlich. Intimität und Zärtlichkeit sind ebenfalls aussagekräftige Zeichen der Liebe, vor allem Zärtlichkeit; Sexualität muss nicht zwingend etwas mit Liebe zu tun haben. Es gibt Paare, die finden sich gegenseitig erotisch anziehend und setzen das auch um, ansonsten haben sie sich ständig in der Wolle. Wer schmusen und streicheln will, der kann das nur, wenn wirkliche Harmonie herrscht, davon bin ich überzeugt.