Was passiert, wenn ein Partner mehr liebt als der andere?

Besteht aber keine Balance und ist das Beziehungskonto einseitig im Minus, muss das nicht per se eine Tragödie sein. Und zwar in den Fällen, in denen der „benachteiligte“ Partner gar keinen Leidensdruck verspürt. Vielleicht, weil er sich trotzdem ausreichend geliebt fühlt oder schlicht und ergreifend akzeptiert, dass er in der Regel mehr gibt als der andere.

Sobald ein Partner aber beständig das Gefühl hat, mehr zu „investieren“ als der andere (sei es nun Aufmerksamkeit, Zeit, Zärtlichkeit oder auch Geld) und darunter leidet, wird die Angelegenheit zum Problem. Unter dem übrigens oft beide Seiten leiden: “Wenn ich zu wenig bekomme, wächst innerlich Ärger, bekomme ich zu viel, entsteht ein Schuldgefühl”, weiß der amerikanische Psychologieprofessor Terry D. Hargrave.

Den Teufelskreis durchbrechen

Nicht selten wird dann sogar ein Teufelskreis in Gang gesetzt. Laut Prof. Dr. Dean C. Delis, Psychotherapeut und Professor für Psychiatrie, entspinnt dieser sich folgendermaßen: Wenn Liebe und Anziehungskraft bei den Partnern nicht gleich stark sind, wird der, der weniger liebt, zum Überlegenen und der andere zum Unterlegenen. Der Unterlegene tut alles, um die Liebe und Aufmerksamkeit des anderen (zurück) zu gewinnen. Er wird abhängig vom Partner und dessen Zuneigung. Der Überlegene fühlt sich von seinem Partner und dessen Liebesbeweisen kontrolliert, sieht sich selbst als schuldig an und zieht sich immer weiter zurück. Woraufhin der Unterlegene sein Werben noch weiter verstärkt und damit nur das Gegenteil erreicht. (Buchtipp: Dean C. Delis: Ich lieb dich nicht, wenn du mich liebst – Nähe und Distanz in Liebesbeziehungen*.)

Delis bezeichnet diese Spirale als „paradoxe Leidenschaft“ und entwickelte für solcherart „unausgewogene Beziehung“ gleich einen neuen Ansatz in der Paartherapie. Dieser zielt darauf ab, eingefahrene Verhalten beider Partner zu verändern und so die Möglichkeit zu schaffen, neue Liebe und eine gleichberechtigte Partnerschaft wachsen zu lassen. Hierzu will Delis beide Partner von ihren Schuldgefühlen befreien, Kommunikationsbarrieren ausräumen und so Beziehungen wieder in die Balance bringen.

Ich denke, das nächste Gespräch mit meiner Freundin wird etwas länger – schließlich können wir ihrem „Gefühl“ jetzt doch ein wenig fundierter auf den Grund gehen.

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