Ein langes Leben und langes Glück, das hätte ich Nina und Arthur gewünscht. Ihre Geschichte sollte enden mit: «Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.» Sie endet aber damit, dass Arthur bald tot sein wird. Nina muss jetzt, um die nächsten Monate durchzustehen, alles an Liebe mobilisieren, was in ihr ist, vor allem Agape, die zugewandte helfende Liebe. Immerhin Eros, der oft verschwindet, wenn Krankheit und Schwäche auftauchen, Eros, dieses ungezähmte Kraftbündel, ist noch präsent.
Das ist auf alle Fälle auch noch ein Wunder, aber eines, das eigentlich gar nicht verwunderlich ist. Denn Nina ist verliebt, verknallt, ihre Liebe zu Arthur steht auf eine gewisse Weise ganz am Anfang, obwohl sie schon alles können muss, was eine Liebe kann, die sich über viele Jahre in Form einer Beziehung bewährt hat. Obwohl Nina mir erzählte, dass sie «strenggenommen» nie in Arthur verliebt war, dass von Anfang an Liebe da war, würde ich sagen, Ninas Kraft speist sich auch aus dieser euphorischen Unbedingtheit, die die Phase der Verliebtheit kennzeichnet.
Es stecken viele Wunder in dieser Geschichte, denke ich. Nicht jeder darf in seinem Leben auf so viele Wunder hoffen. Doch es sind auch deshalb Wunder, weil Nina Wunder sehen kann, weil sie auf der einen Seite aufs Ganze geht und auf der anderen Seite demütig und dankbar ist, wenn kleine Wünsche wahr werden. Sie ist eine Amazone und eine Liebesdienerin zugleich. Sie pflegt Arthur nicht, so würde ich das nicht nennen, sie erweist ihm in der Tat Liebesdienste und wird ihm für den Rest seines Lebens, wie ersehnt, beim Schlafen zusehen, immerhin. Bis er für immer die Augen schließt.
Was passiert mit der Liebe, wenn der Partner zum Pflegefall wird?
Birgit Ehrenberg
ISBN: 978-3499633980
Verlag: Rowohlt