Mir ist egal, was ich nicht sehe, aber nicht, was ich fühle
“Ich habe vor kurzem geheiratet. Meine Frau habe ich auf der SightCity, einer Messe für Hilfsmittel für Menschen mit Sehbeeinträchtigung kennengelernt. „Liebe auf den ersten Blick“ war das nicht – meine Frau ist auch sehbehindert und wir sind bestimmt fünf Mal aneinander vorbeigelaufen ehe wir miteinander ins Gespräch kamen. Dann ist der Funke ganz schnell übergesprungen. Sie ist sportlich und passt in mein Beuteschema. Viel wichtiger war aber, dass wir sehr viele Gemeinsamkeiten haben, wir reisen zum Beispiel beide gern. Ich habe ein Semester im Ausland studiert, und sie stand, als ich sie kennengelernt habe, ebenfalls vor einem längeren Auslandsaufenthalt. Sie hatte sich für ein Freiwilliges Soziales Jahr in Togo beworben. Ich habe sie mir davor noch schnell klar gemacht; ich wollte ja nicht, dass sie mir jemand wegschnappt.
Beim Kennenlernen war es mir immer wichtig, dass meine Behinderung nicht zu sehr Gesprächsgegenstand wird. Ich wünsche mir ja eine Beziehung auf Augenhöhe und will nicht meine Behinderung verkaufen. Als Behinderter hat man es manchmal insofern schwieriger, dass man von Partnern, die keine Behinderung haben, gelegentlich bevormundet wird. Das gab’s bei mir aber noch nicht, weil ich, sobald mir jemand zu überfürsorglich wurde, da immer gut Grenzen abstecken konnte. Ich hatte, bevor ich meine Frau kennengelernt habe, auch Freundinnen, die sehen konnten. Mag sein, dass es erst einmal nach einer Herausforderung klingt, wenn der Partner sehbehindert ist, aber es ist doch auch nicht so, dass sich nicht sehbehinderte Paare den ganzen Tag angucken. Eine Beziehung wird doch viel mehr durch den Umgang miteinander bestimmt.”
Durch Kommunikation erkenne ich Attraktivität
“Wenn mich sehende Menschen fragen würden, welchen Tipp ich ihnen – als jemand, der Attraktivität anders definiert – bei der Partnersuche geben kann, wäre das ganz klar zu kommunizieren. Kommunikation ist das A und O, um zu erfahren. ob man jemanden attraktiv findet. Es passiert viel zu schnell, dass wir andere Menschen in eine Schublade stecken. So entstehen Vorurteile, dabei kann man von außen so vieles denken, was gar nicht wahr ist.
Mein Tipp ist deshalb zu reden. Redet! Nur so könnt ihr andere Menschen kennenlernen und damit auch erfahren, ob ihr euch zu ihnen hingezogen fühlt.”