Emotionale Stabilität? In diesen Momenten für mich so weit weg wie Berlin von Sydney. Es macht in meinen Augen also einen großen Unterschied, ob jemand nur im Bewusstsein emotional stabil erscheint, oder ob auch das Unterbewusstsein auf festen Füßen steht. Für mich zeigt sich die Stabilität einer Person erst, wenn es zu Extremsituationen kommt. Erfährt man zum Beispiel einen Schicksalsschlag, lässt sich schnell erkennen, wie es um die emotionale Grundverfassung eines Menschen steht. Die einen durchleben zwar eine Phase der Trauer, können aber schnell damit umgehen und ihren Lebensweg weiterführen. Andere wiederum schaffen es kaum aus dem Tal der Tränen und rutschen auch nach langer Zeit immer wieder in diese emotionale Schieflage hinein.
Hinlegen, an die Decke starren und nicht bewegen
Wie wichtig emotionale Stabilität für eine Beziehung ist, sehe ich immer wieder in meinem Freundeskreis. Gerade die Paare, die besonders viel „Drama“ produzieren, also gerne schnell von „ich liebe dich“ zu „ich hasse dich“ wechseln. In dem einen Moment versetzt ihre Liebe Berge, in dem anderen hat man Angst, dass sich einer der beiden in den Fluss stürzt. Das klingt hart, aber so etwas gibt es. Diese Menschen haben Schwierigkeiten, ihre Emotionen zu kontrollieren und sie auf einem Level zu halten, mit dem sie umgehen können. Hat man einen Partner, der Schwierigkeiten mit der emotionalen Stabilität hat, benötigt es sehr viel Energie, um eine solche Beziehung halten zu können. Man sieht einem Menschen nicht an, was in seinem Kopf passiert. Man sieht ihm erst recht nicht an, was in seinem Unterbewusstsein vor sich geht. Ist eine Beziehung mit einer emotional instabilen Person überhaupt möglich? Schwierige Frage. Es kommt darauf an, wieviel Energie man bereit ist, zu investieren. Die Gefühlslage des Partners sollte möglichst schnell erkannt werden, um entsprechend darauf reagieren zu können. So können extreme Situationen schon vor Beginn verhindert werden. Spielt sich ein Paar so gut aufeinander ein, dass es selten zu Momenten kommt, in denen die emotionale Stabilität ins Wanken gerät, kann man schon fast von einer „Genesung“ sprechen. Denn das darf man nicht außer Acht lassen. Emotional instabil heißt nicht, dass man sein Schicksal hinnehmen muss, es ist ja keine unheilbare Krankheit. Gerade eine gute Beziehung kann dafür sorgen, dass aus einem wackeligen Kartenhaus, ein massig gemauertes Gebäude wird.