Warum mein Opa (m)ein Held ist

beziehungsweise-Autorin Haily liebt hat eine ganz besondere Beziehung zu ihrem Großvater. In ihrer Kindheit übernahm er nicht nur häufig die Rolle des Vaters, sondern ist bis heute auch ihr engster Vertrauter. Was unsere Autorin für ihren Großvater empfindet, schreibt sie ihm in einem emotionalen Brief

Lieber Opa,

während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich auf meinem kleinen Balkon und genieße die morgendlichen Sonnenstrahlen. Dabei denke ich an dich – schließlich habe ich es nicht zuletzt dir zu verdanken, dass ich nun hier sitzen kann.

Nachdem ich im Frühjahr 2014 aus meiner Wohnung ausziehen musste und monatelang erfolglos nach einer neuen gesucht hatte, kauftest du kurzerhand eine Eigentumswohnung für mich. Und du hast noch so viel mehr für mich getan. Wenn ich all die Situationen aufzählen müsste, in denen du mich gerettet hast, sei es durch finanzielle Hilfe oder einfach nur durch deine Nähe, dann säße ich morgen noch hier. Mit einer unvergleichlichen Selbstverständlichkeit hast du mein erstes eigenes Auto und erst kürzlich meinen neuen Fernseher bezahlt. Aber das sind Peanuts gegen das, was du in meiner Kindheit geleistet hast …

Wie du sicherlich noch schmerzlich in Erinnerung hast, waren meine ersten Jahre auf dieser Welt ganz und gar nicht leicht. Sie waren von gesundheitlichen Problemen und vielen Krankenhausaufenthalten geprägt. Mein Vater allerdings kam u.a. damit überhaupt nicht klar und verließ uns. Und du? Du verfielst nicht in blinde Wut. Stattdessen nahmst du dein großes Herz in die Hand und kümmertest dich um deine Tochter; hast ihr geholfen, sich in dieser schwierigen Situation, mit schwerkrankem Baby und ohne Mann, wieder aufzurichten. Du warst von der ersten Sekunde an für mich und meine Mutter da. Wenn sie arbeiten musste, hast du den Haushalt geschmissen, dich um den Garten und unseren Hund gekümmert, und gleichzeitig noch auf mich aufgepasst. Ich bewundere dich für diese Leistung und danke dir und Oma dafür, dass ihr meine Mutter zu der Kämpferin erzogen habt, die sie insbesondere in dieser Zeit sein musste.

Als ich im Kindergarten und später in der Schule war, haben wir so oft die Nachmittage zusammen verbracht. Und ich habe es geliebt! Die Hundespaziergänge im Feld, danach ein lecker herzhaftes Mortadellabrötchen von der Metzgerei im Kaufhaus und die vielen Runden „Mensch-ärgere-dich-nicht“. Es war so schön! „Mensch-ärgere-dich-nicht“ ist ja auch heute noch dein Lieblingsspiel. Wie gemein du immer bist, wenn ich eine eins würfele! „Das reicht!“, sagst du immer und lachst. Wie würde ich das vermissen, wenn du …

Natürlich, wir alle müssen irgendwann sterben … Zuzusehen, wie du immer älter wirst – schließlich bist du auch schon 85 – tut allerdings unendlich weh. Ich habe eine verdammte Angst vor dem Tag, an dem du mich einfach alleine lässt. Was soll ich denn nur ohne dich tun? Mit wem soll ich an so vielen Sonntagen lachen und leckeren Kuchen essen? Das will ich mit niemand anderem als dir. Dich kann niemand ersetzen! Ebenso wie mir mit Sicherheit niemand jemals diese bedingungslose Liebe entgegenbringen wird, die du mir bis heute schenkst. Es gab und gibt leider Menschen in meinem Leben, die mich nur lieben, wenn ich besonders erfolgreich, besonders schlank oder anderweitig für sie attraktiv bin – du allerdings liebtest mich seit meiner Geburt so, wie ich nun mal bin. Ich wünsche mir, irgendwann einen Mann zu finden, der ein bisschen so ist wie du: unglaublich warmherzig und mutig. Und der mir diese einzigartige Liebe geben kann, die du mir gibst.

Jede Stunde, die ich mit dir verbringen, in der ich mit dir lachen, Kuchen essen und „Mensch-ärgere-dich-nicht“ spielen kann, sauge ich in mir auf und schließe sie in meinem Herzen ein.

Ich bin so froh, dass es dich gibt!

Ich liebe dich.


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