Erkenntnisse aus der Hirnforschung: Das passiert bei Liebeskummer wirklich im Kopf
Liebeskummer lohnt sich nicht, my Darling? Das stimmt natürlich gewissermaßen. Vom Schmerz allein kommt der andere ganz sicher nicht zurück und man selbst hat als Verlassener auch nichts davon außer viele, viele Tränen auf dem Kopfkissen, einen zugeschnürten Magen und das Gefühl furchtbarster Einsamkeit. Über Wochen, Monate, wenn es ganz schlimm kommt. Und trotzdem suhlt sich fast jeder Mensch mindestens einmal im Leben in dieser furchtbaren Empfindung – außerstande, sie einfach abzuschütteln wie ein hässliches Insekt. Obwohl er ja im Grunde weiß, dass sein Weinen und Leiden und Nicht-loslassen-Können niemandem nützt. Er ist sich selbst und seinem unendlichen Vermissen machtlos ausgeliefert. Wie jemand, dessen Körper sich nach einer Droge verzehrt, muss er wieder und wieder den Online-Status des anderen checken, noch einmal die alten Bilder ansehen, dieses eine bestimmte Lied in Endlosschleife hören. Er verhält sich wie ein Süchtiger. Weil er einer ist.
Das Belohnungszentrum auf Entzug
Die amerikanische Anthropologin und Psychologin Dr. Helen Fisher ist weit über die US-Grenzen hinaus bekannt für ihre langjährige Forschung auf dem Gebiet der romantischen Liebe. Gemeinsam mit der Neurowissenschaftlerin Dr. Lucy Brown untersuchte sie das Thema nun aus einem anatomischen Blickwinkel: Was genau geht da eigentlich im Körper vor sich, wenn einem das Herz gebrochen wird? Woher kommt der überwältigende Schmerz, ist er tatsächlich messbar und was passiert biochemisch in den Köpfen der Leidenden? Ihre 15 Probanden, alle seit durchschnittlich zwei Monaten unfreiwillig wieder Single nach einer festen Partnerschaft, wurden im MRT einem speziellen Hirn-Scan unterzogen. Dabei zeigte sich nicht nur eine verstärkte Aktivität im Schmerzzentrum des Gehirns, sondern auch, dass genau das Areal besonders stark durchblutet war, das auch beim Sex, beim Schokolade-Essen, Hören der Lieblingsmusik oder Rauchen nach einem 20-Stunden-Flug unter Volldampf arbeitet. In diesem sogenannten Belohnungssystem geben sich Verlangen und Glücksgefühle die Hand.
Liebe – die urzeitliche Sucht
Fisher und Brown schlussfolgerten aus dieser Entdeckung, dass der geliebte Mensch auch nach einer gewissen Zeit in Trennung noch immer ein ähnlich starkes Verlangen im Verlassenen auslöst, wie es der Gedanke an den nächsten Schuss im Körper eines Drogenkranken tut. Er liebt also nicht nur gefühlt, sondern auch wissenschaftlich messbar noch immer – in Anbetracht seiner Verzweiflung vielleicht noch heftiger als zuvor, als der Partner noch ein selbstverständlicher Teil seines Alltags war. Der Vermisste ist für ihn so überlebenswichtig geworden wie Wasser. Nur, dass er seinen Durst trotz größter Anstrengung und permanenten Gedanken an den anderen nicht stillen kann. Diese Erkenntnis bestätigte Fishers Annahme, dass romantische Liebe im Grunde eine extreme Abhängigkeit ist. Und ein urzeitlicher Trieb, der unser logisches Denken ganz einfach ausschaltet. Insgesamt sechs weitere Studien können die Schlussfolgerungen aus ihrer Studie bestätigen, so die Wissenschaftlerin.