Verlassen, belogen, betrogen – warum Selbstzweifel jetzt absoluter Unsinn sind

Wenn Beziehungen zu Ende gehen, neigen viele Frauen dazu, die Schuld allein bei sich zu suchen – selbst, wenn sie auf miese Art und Weise belogen und betrogen wurden

Meiner Freundin Lena (Name geändert) ist genau das passiert. Der Mann, von dem sie glaubte, er wäre ihr perfektes Gegenstück, hat sie hinter ihrem Rücken monatelang hintergangen. Wann immer er bei seiner Affäre war, bekam Lena eine harmlose, glaubhafte Geschichte aufgetischt. Länger im Büro, noch im Fitness-Studio, noch auf ein Bierchen mit einem Kumpel unterwegs. Sie glaubte ihm bedingungslos, so sicher fühlte sie sich in der Beziehung.

Die Fehlersuche

Als alles zufällig heraus kam, war sie geschockt. Tagelang schwebte sie in Trance durchs Leben. Statt zu fluchen, zu donnern und „du blöder Mistkerl“ zu brüllen, saß sie einfach nur da, und fragte sich immer und immer wieder: „Was habe ich nur falsch gemacht?“ Ihre Gedanken überschlugen sich zu einem wilden Wust aus Selbstzweifeln. An allem fand sie plötzlich etwas auszusetzen. An ihrer Persönlichkeit, ihrem Verhalten, ihrem Aussehen, ihrer BH-Größe, ihrer Performance im Bett. Von Kopf bis Fuß machte sie sich systematisch schlecht. Es musste einfach an IHR liegen, dass ER sich ein neues Betthupferl zugelegt hatte.

Der Schutz-Mechanismus

Doch damit nicht genug. Nachdem all ihre Freunde ihr aufs heftigste widersprachen, tat sie etwas, womit ich nie im Leben gerechnet hätte: Sie nahm IHN in Schutz. „Er kann doch nichts dafür“, hat sie mir damals mit tränenerstickter Stimme gesagt. „ICH bin doch Schuld daran, dass es so weit gekommen ist.“ Schließlich hätte sie ihn mehrmals kritisiert, dass er seinen Teller nach dem Essen nicht in die Spülmaschine geräumt hat. Und gesagt, dass sie nicht seine Putzfrau sei. Dass es durchaus angemessen wäre, dass er seine Wäsche zumindest in den Wäschekorb legt. Dass es schön wäre, wenn er nicht jedes Wochenende mit seinen Jungs unterwegs ist. SIE habe ihn eingeengt und bevormundet. SIE sei Schuld, dass er monatelang gelogen und betrogen hat. Ihre Schlussfolgerung: Mangelnde Perfektion des Modells rechtfertigt einen Zweitwagen inklusive Freikilometern, Lug und Betrug. Völlig logisch für sie.


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