„Parfüm – das ist doch nur was für Frauen.“ Unser Autor hat etwas gegen dieses Klischee und erklärt, warum mehr Männer hin und wieder einen guten Duft tragen sollten
Jahrelang besaß ich ein einziges Parfüm. Einen Klassiker, wohlduftend, allerdings von seiner Duft-DNA her eher unspektakulär. Es war ein Geschenk meiner ersten Freundin, für sie damals eine große Investition. Ich hütete den Duft wie einen kleinen Schatz, bis er fast alle war. Die letzten Tropfen opferte ich der Zeit: Nach einigen Jahren kippte er und roch am Ende nach Essig, was zu dem Ende dieser Beziehung passte.
Zwar besaß meine Mutter einige Flakons, doch als Schüler und später (junger) Mann waren Düfte zumindest in meinem männlichen Umfeld unüblich. Dates und Partys bildeten eine gelegentliche Ausnahme. Im Club, den man damals wohl noch Disco genannt hätte, lieh ich mir eine Probe von Marc, dem in Sachen Mode und Co. wahrscheinlich Versiertesten in meiner Klasse. Das reichte völlig aus. Die brachiale Duftkanone „1 Million“ gab es damals noch nicht und der bekannte „Matrose“ (Le Male) war in meinem Bekanntenkreis völlig unbekannt. Es ging auch ohne. Beziehungsweise es gab ja die Sprühdeos, die nach dem Sportunterricht derart exzessiv benutzt wurden – solange man nicht stank, war alles okay.
Erst viele Jahre später begann ich mich für Düfte zu interessieren, eher durch Zufall. Aus Neugier wurde es irgendwann ein Hobby und inzwischen ist es fast eine Leidenschaft. Mir geht es dabei allerdings weder ums Sammeln noch darum, anderen zu gefallen. Es gibt einfach Düfte, die ich sehr, sehr gerne rieche und entsprechend gerne trage. Natürlich wird niemand ernsthaft behaupten können, ausschließlich für sich selbst Düfte zu tragen (bei der Mode ist das ähnlich). Natürlich gibt es jene Momente, in denen man positiv auffallen möchte. Sei es nun beim Date, bei der Gartenfeier der Schwiegereltern oder beim Bewerbungsgespräch. Es gibt „Anlass-Düfte“ und daran ist ja auch gar nichts falsch.
Ist es überhaupt männlich, ein Parfüm zu tragen?
Es bleibt nicht aus, dass man sich als Mann, der sich mit dieser Materie intensiver auseinandersetzt, irgendwann die Frage stellt: Ist das überhaupt ein Männerthema? Ist es überhaupt männlich, ein Parfüm zu tragen? Tun‘s nicht auch, um völlig im Klischee zu bleiben, ein schwarzes Hemd und Holzfäller- oder notfalls Muckibuden-Arme? Ist das nicht ein bisschen dandyhaft und over-the-edge, gerade wenn man(n) mehrere Düfte besitzt?
Eins vorab: Ich bin der Meinung, dass niemand – weder Mann noch Frau – unbedingt ein Parfüm braucht oder gar gleich mehrere. Parfüm ist wie Schmuck, Wein, kabellose Kopfhörer oder ein Rennrad: reiner Luxus. Ein Luxus, an den man sich vielleicht schon derart gewöhnt hat, dass er einem gar nicht mehr als solcher auffällt. Ein Luxus, den sich zwar viele Menschen leisten könn(t)en, der aber eben trotzdem keine Notwendigkeit hat. Düfte sind verzichtbar. Und natürlich sind ihre Preise, auch aufgrund von aufwendigen Werbekampagnen und eben jenem Luxus-Etikett, teils unverschämt hoch.