Sehnsucht und Vermissen

Mit Vermissen hat das nichts zu tun – außer vielleicht, dass wir uns beide immer etwas seekrank fühlen, wenn wir an den jeweils anderen denken, weil die Wellen bei uns teilweise so hoch waren und ganz schnell wieder abflauten, dass einem davon ja nur schlecht werden konnte. Das ist zwar irgendwie auch ein Gefühl, aber eben einfach kein gutes. Vermissen ist halt doch nur ein Arschloch, das es nicht verdient hat, weiter beachtet zu werden.

Was ich wirklich bin, ist sehnsüchtig. Nicht nach ihm, nicht nach uns und vor allem nicht nach dem, was da irgendwann mal war. Ich bin einfach sehnsüchtig nach etwas, das vergleichbar ist, aber auf keinen Fall ganz gleich. Und genau darin liegt der große Unterschied. Wenn du vermisst, heißt das auch immer, dass etwas weg ist, das du mal hattest, und es hat immer einen Grund, dass es jetzt nicht mehr da ist und wenn du tief in dich hineinhorchst, begreifst du auch, dass das so besser ist, denn das Vermissen hält dich auf.

Sehnsüchte kannst du auch haben, wenn du etwas noch nie erlebt hast und du strebst danach, sie zu erfüllen, kommst dabei immer weiter vorwärts, immer mehr vor als bloß zurück und was du dann erlebst ist neu und eben nicht nur auf einer Hoffnung aufgebaut, die man schon mal zerstört bekommen hat.

Während ich immer noch auf seine Worte starre, fühle ich wieder die Seekrankheit in mir heraufsteigen und sehe mich genötigt zu handeln, bevor mich die Wellen des Meeres verschlucken, weil sie immer noch recht stark sind. Ich weiß, dass sie bei mir bald wieder abflauen, und weil ich will, dass das bei ihm genauso ist, schicke ich ihm eine knappe Antwort. »Du vermisst nicht mich. Du hast Sehnsucht nach jemandem, der dich so liebt, wie ich es getan hab.«


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