Die Liebe berauscht uns dann nicht einfach (das tut sie hoffentlich immer), sondern sie wird zu einer Droge. Sie macht süchtig, macht uns abhängig. Man hängt sich an sie und bleibt an ihr kleben. Das macht uns verletzlich. Denn wir werden manipulierbar, brauchen fortan unsere tägliche Dosis, tun vieles, um diesen Kick immer wieder aufs Neue zu bekommen. Tun vieles, das uns langfristig vielleicht gar nicht guttut. Der Partner merkt schnell, wie leicht er uns durch „dosierte Liebesgaben“ beeinflussen kann. Wenn nun sein eigenes Herz ebenfalls voller Risse ist, geraten beide – „bei aller Liebe“ – leicht in einen schmerzhaften Strudel, an dessen Ende das Gegenteil der Liebe wartet.
Wenn man die Liebe als Heilmittel sieht, verschiebt sich aber auch der eigene Fokus. Sie wird mit Erwartungen überschüttet. Sie soll etwas leisten. Sie wird an ihren Leistungen und Ergebnissen gemessen. Liebe wird zur Marathonläuferin, die auch versagen kann, der wir die Schuld für das eigene Beziehungsschlammassel in die glühenden Laufschuhe schieben können. Solange der Himmel rosarot leuchtet, mag das „funktionieren“. Doch wehe es gibt auch einmal steinigere Beziehungsabschnitte! Dann zeigt sich plötzlich, dass man den Partner die ganze Zeit über mehr als eine Art (Trost-)Pflaster gesehen hatte, denn als einen Menschen mit eigenen Stärken, Schwächen, Licht- und Schattenseiten.