Phantomschmerz oder Liebe?

Das Festhalten an einer Illusion, an einer Liebe, die sich nur noch wie ein Phantomschmerz anfühlt, macht keinen Sinn. Man kann sich aber nicht gegen seine eigenen Fantasien wehren, denn sie besitzen ein Eigenleben und teilen uns etwas mit. Ich möchte vermeiden, dass die Vergangenheit meine Gegenwart blockiert. Ich gehe meinen Weg und suche neue Herausforderungen. Manchmal muss man sich einfach treiben lassen.

So kam es dazu, dass ich einen neuen Nebenjob angenommen habe. Zufällig erfuhr ich, dass die Kunsthalle in meiner Stadt Betreuer für die Virtual Reality Brillen im Rahmen der aktuellen Ausstellung suchte. Die Installation „Richie’s Plank Experience“ ermöglicht dem Besucher virtuell in dreißig Sekunden mit dem Aufzug in das 80. Stockwerk zu fahren. Dann öffnet sich die Tür und man sieht nur noch einen schmalen Balken, der in der Luft hängt.

Dank der VR-Brille ist die Illusion perfekt und jeder versucht so gut es geht zu balancieren, ohne in den Abgrund abzustürzen. Meine Rolle besteht darin, dem Besucher die Brille aufzusetzen und ihm einiges zu erklären. Spannend wird es, wenn fremde Menschen mir ihre Angst offenbaren und sich dennoch trauen.

Kleine Gesten große Wirkung

Einige bleiben plötzlich wegen ihrer Höhenangst vor dem Balken stehen und möchten sofort abbrechen. Ich biete den Damen an, ihre Hand zu halten und sie für einen Augenblick zu begleiten. Sie sehen mich nicht, aber fühlen sich beruhigt und die Panik verschwindet meistens.

Ein Schritt nach dem anderen wagen sie sich auf dieses Stück Holz in schwindelerregender Höhe. In der Realität liegt es fünf Zentimeter über dem Boden. Ich lächle sie an und freue mich über diese positive Erfahrung. Es wird mir bewusst, dass kleine Gesten eine große Wirkung im Leben haben können. Wie einfach es ist, etwas zu geben, ohne immer eine Gegenleistung zu erwarten.


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