Es gibt kein richtiges oder falsches oder zu langes Trauern!
„Die Dauer ist doch nicht entscheidend, jeder Mensch trauert anders“, sagt er. „Diese gutgemeinten Ratschläge, dass es quasi eine richtige und eine falsche Art des Trauerns gäbe, und die falsche ist die, die zu lange dauert, das geht doch am Leben vorbei. Und an der Liebe, die man für jemanden empfunden hat und die noch da ist, die auch bleibt.
Wer sich ständig anhören muss, dass er oder sie auf dem besten Wege sei, verrückt zu werden, wird dadurch verrückt, quält sich vielleicht damit, die Trauer zu verstecken, sich zusammenzureißen, eine Tortur. Ich plädiere dafür, Trauernde nicht mit Normen zu belasten. Es ist typisch für das Schubladendenken unserer Gesellschaft, dass einem vorgeschrieben wird, wann Trauer krankhaft ist und wann nicht. Da stelle ich inzwischen auch meine eigene Zunft an den Pranger. Für mich ist wesentlich, wann sich jemand krank fühlt. Dann besteht Handlungsbedarf.
Ich möchte für mich entscheiden, ob und wie lange ich schwarz trage und trauere. Vielleicht trage ich den Rest meines Lebens schwarz. Vielleicht möchte ich auch nie wieder eine neue Partnerin. Ich habe das Recht dazu. Vielleicht gibt es Lieben, nach denen nichts mehr geht. Nur noch Stille, Abkehr, Erinnerung. Darf ich das nicht?
Ich wünsche mir sehnlichst, dass ich alle Zeit der Welt für meine Wunden habe. Das ist für mich die Wahrung meiner Würde, dass man mir das zugesteht. Das ist für mich die Anerkenntnis meiner Liebe zu Hanna. Das ist für mich Beistand und Anteilnahme. Ich möchte ernst genommen werden als der, der ich bin, wie ich bin. Ich bin einfach unendlich traurig. Besser noch: Untröstlich. Aber: Es ist nicht so, dass ich nicht ganz bei Trost bin. Im Gegenteil.“