Die lebenslange Bindung ist nicht nur möglich, sondern auch von der Evolution beabsichtigt. Die berühmte Paartherapeutin Sue Johnson setzt sich in ihrem Buch “Liebe macht Sinn” für die Monogamie ein
“Der erste und herausragende Instinkt des Menschen ist weder Sex noch Aggression, sondern die Suche nach Kontakt und beruhigender Bindung.”
Der Mann, der die Vorstellung davon, was wir heute Zuneigung oder Bonding, also Bindung, nennen, als Erster vertrat, war ein erzkonservativer englischer Aristokrat und Psychiater und bestimmt nicht die Art Mann, der man zutrauen würde, den Code der romantischen Liebesbeziehung zu knacken. Doch der Brite John Bowlby war trotzdem ein Rebell, der das Feld von Liebe und Lieben für immer verändert hat. Seine Einsichten bilden die Grundlage, auf der die neue Wissenschaft von der Liebe basiert.
Bowlby nahm an, dass wir dazu bestimmt sind, ein paar wertvolle Mitmenschen zu lieben, die uns in den Stürmen des Lebens beistehen und uns beschützen. Er sah darin einen Plan der Natur, um den Fortbestand der Spezies zu sichern. Sex mag uns zwar zur Paarung animieren, doch es ist die Liebe, die unsere Existenz sichert. »Indem wir das Leben der oder des Geliebten an unseres binden, können wir über sein Glück wachen, bei Kummer Trost spenden und uns mit Erinnerungen an Entbehrung und Leid die süßesten Quellen der Freude erschließen«, schrieb George Eliot.
Verlangen nach Bindung ist angeboren
Dieses Verlangen nach Bindung ist angeboren, nicht erlernt. Wahrscheinlich entwickelte es sich als Antwort der Natur auf ein kritisches Faktum der menschlichen Physiologie: Der Geburtskanal einer Frau ist zu schmal, als dass Babys mit großem Gehirn und großem Körper hindurchpassen würden, die schon kurz nach der Geburt allein überleben könnten. Stattdessen kommen Menschenkinder klein und hilflos zur Welt und müssen jahrelang ernährt und beschützt werden, bevor sie sich selbst erhalten können. Es wäre demnach einfacher, Neugeborene, die so viel Mühe machen, zu verlassen, anstatt sie aufzuziehen. Was veranlasst einen Erwachsenen, dennoch zu bleiben und die beschwerliche und anstrengende Aufgabe der Elternschaft auf sich zu nehmen?