Lieber Wolke 4 oder warum Liebe manchmal nicht reicht

Als unsere Gastautorin Julia Malz unsere Anfrage mit diesem Thema erreichte, stand ihr kurz die Panik auf der Stirn. Sie sollte nun also über die Gründe schreiben, warum man von manchen Beziehungen so schwer loskommt, auch wenn sie nicht gut sind

Unter die Symptome, die nicht gut sind, fallen übrigens definitiv alle Verhaltensweisen, die mit chronisch beginnen: also chronische Grübelei, chronische Selbstzweifel, chronischer Konsum, chronische Eifersucht, chronisches Lügen, chronischer Entzug von Zuneigung.

Über die Gründe, warum es so schwer ist, sich aus einer – sagen wir mal – ungesunden – Beziehung zu lösen, kann man nicht theoretisch schreiben. Nur wer in diesem Wirr-Warr aus absoluter Vergötterung und absoluter Verzweiflung eben jenes Gegenübers schon mal so gründlich auf links gedreht wurde, dass er Ja nicht mehr von Nein unterscheiden konnte, vermag diesen elenden Disput zwischen Notwendigkeit und Unmöglichkeit zu verstehen.

Ich habe für meinen Teil selbst und bei engen Freunden miterlebt, welche Kombinationen zwischen Liebend 1 und Liebend 2 trotz maximaler Liebe X fast unmöglich zu trennen waren, auch wenn die Zeit überreif war. Und als kleiner Reminder: Wir sprechen hier nicht über die leichten, kunterbunten Liebeskolibris, die Tag für Tag um uns herumtanzen. Wir reden von denen, deren Herz den Kompass verloren hat und die nicht mehr wissen, wo oben ist.

Die Königskinder

Ja, manchmal treffen zwei Menschen aufeinander, in denen sich Madman und Madmadame auf Augenhöhe begegnen. Solange sie sich in ihren gleichen Teilen dafür entschließen, den Gegenüber zu respektieren und keinesfalls Grenzen zu überschreiten, deren Brücken danach zusammenbrechen, dann werden diese Liebesgeschichten die Größten und Bezauberndsten ihrer Zeit. Doch eine Übereinstimmung auf der Madman-Skala zwischen Mann und Frau bietet Stoff genug für ein fulminantes Feuerwerk, das bisweilen unkontrolliert um sich greift. Und so stehen sich zwei Gleiche liebend gegenüber, die nicht fassen können, dass sie gemeinsam nur Chaos verursachen und für das notwendige Milch- und Klopapierkaufen drei Stunden brauchen, weil sie im Supermarkt 13,5 Dramen durchspielen. Doch das Drama ist großartig. Intensiv, leidenschaftlich. Deswegen ist es so schwer auf den ‚Time-Out‘-Button zu drücken. Denn wenn nicht Du mich morgen herausforderst, wer dann?

Bonnie & Clyde

Let’s enter rambo-listen-to-your-heart country. In dieser Konstellation begegnen sich meist zwei desillusionierte und äußerst fragile Charaktere mit der gleichen Sehnsucht nach Karma, Einklang und Schönheit der Dinge. Weil keiner von beiden so richtig eine Ahnung hat, wie es läuft, klammert einer sich wie ein Seestern an den anderen. Bei ihren ersten Begegnungen sieht jeder die Schmetterlinge, die zwischen ihren Augen tanzen, die sich mit der Zeit jedoch zu kleinen Todessternen verdunkeln. So groß ihre gemeinsamen Visionen, so gering ist ihre rationale Herangehensweise an die visionären Ideen in ihren Köpfen. Je öfter sie scheitern, desto kleingeistiger in ihren Streitereien werden Bonnie & Clyde, auch wenn sie sich nach wie vor nacheinander verzehren. Auf Unbeholfenheit folgt rasende Wut und auf diese verstörendes Chaos. Wohl dem, der zuerst loslässt.


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