Es gibt gewiss Menschen, die lieben ihren Job wirklich. Sie wollen und können nicht ohne ihn. Sie opfern sich auf und erfahren in ihm Erfüllung. Aber wie in der Liebesbeziehung zwischen zwei Menschen tut nicht jedes Beziehungsmodell gut. Ich glaube, man kann emotional abhängig sein auch von der Anerkennung und der Dankbarkeit, die der Beruf einem geben kann. In Beziehungen sprechen wir dann aber auch nicht von Liebe, sondern sagen, was es ist, nämlich Abhängigkeit.
Läuft es nicht eigentlich auf die Frage hinaus: Kann man Liebe priorisieren? Da hege ich ernsthaft Zweifel. Denn gehört es nicht gerade zur Liebe, dass ihr Ziel meine Priorität genießt und mehr ist als eine Option unter vielen? Ich bin schon überzeugt, dass ich viel Liebe geben kann, aber dass mein Herz nun derart überquellen würde, dass für alle und alles Liebe da ist, wen und was ich so lieben soll: Damit tue ich mir schwer.
Da ist zunächst auch Verweigerung, klar. Beispielsweise denke ich, ich muss mich gar nicht selbst lieben. Mir genügt es durchaus, mit mir gut zurecht zu kommen. Ich bin gelegentlich stolz auf mich, gelegentlich finde ich Panne, was ich mache. Ich bin mir ein guter Freund, ich gehe mir selten auf den Sack, meine Gesellschaft langweilt mich nicht, aber ich finde es auch schön, echte Dialoge mit echten Menschen zu führen. Selbstliebe kratzt mir persönlich zu sehr am Egoismus. Möglich, dass das ein Zeichen dafür ist, dass ich eben doch nicht mit mir im Reinen bin, aber eigentlich denke ich, das Gegenteil ist der Fall. Ich finde mich eben nur nicht so toll, dass ich mich lieben muss.