Gibt es tatsächlich ein Zuviel an Liebe? Kann man jemanden überlieben? Ein Gastbeitrag von Persönlichkeits-Coach und Traumatherapeutin Andrea Techentin
Für alles gibt es scheinbar in unserem Leben Richtlinien und Richtwerte. Oft muss man einen Antrag stellen und sogar ein Zertifikat erwerben, um nachzuweisen, dass man etwas kann. Einen Beruf darf ich oft erst dann ausüben, wenn ich eine Ausbildung absolviert und die Prüfung bestanden habe.
Aber wie ist das bei der Liebe? Wer entscheidet darüber, wie ich richtig liebe? Ob es genug ist, oder es ruhig noch mehr sein dürfte? Im Normalfall orientieren wir uns an unseren Eltern. Wir stellen die ersten Jahre nicht in Frage, was sie uns vorleben und halten es auch für absolut richtig. Das ist grundsätzlich ja okay und gleichzeitig auch der größte Fehler.
Denn als Kinder haben wir keine Wahl. Erst als Erwachsene können wir überprüfen, ob wir mit dem erlebten Maß an Liebe einverstanden sind. Wenn es gut gelaufen ist, dann haben sich die Eltern darauf verständigt, dass sie dem Kind all die Liebe geben, die es verdient.
Alte Pädagogik ist noch immer modern
Zu oft läuft es aber nicht gut und die Eltern haben Angst, dass sie ihre Kinder zu sehr verwöhnen und sie ihnen später auf dem Kopf herumtanzen. Da lässt man z.B. Säuglinge schreien, damit sie gleich lernen, dass sie nicht bekommen, was sie wollen, und die Regeln akzeptieren. Die Babys bekommen schnell ihr eigenes Bettchen, damit sie selbständige und autonome Wesen werden.
Es scheint eine innere Anzeige zu geben, die davor warnt, das Kind bloß nicht mit zu viel Liebe zu überschütten. Und mit dieser Anzeige wachsen viele auf und tragen die Auswirkungen ungefiltert in sich.