Lassen wir große Gefühle in einer Beziehung zu?
Auch in Beziehungen ist das bei vielen von uns die meiste Zeit so, behaupte ich hier mal ganz dreist, obwohl Beziehungen sicherlich zu den letzten Schutzräumen für große Gefühle gehören. Je länger eine Beziehung bereits dauert, desto flacher sind in der Regel die Gefühlswellen – die berüchtigte „siebte Welle“ einmal ausgenommen. Und das ist ja auch irgendwie verständlich, schließlich wollen die Wenigsten eine Beziehung, in der es ständig rauf- und runtergeht. Das wäre viel zu anstrengend.
Aber eine Portion mehr Leidenschaft und große Gefühle dürfte es schon gerne sein.
Na dann, worauf warten Sie noch?
Leichter gesagt, als gefühlt.
Hinter vielen Nichtgefühlen verstecken sich tief eingebrannte Verbote. Du darfst nicht ausrasten. Du darfst nicht auffallen. Du darfst nicht überschwänglich sein. Du darfst nicht offen leiden. Du darfst niemandem deine Wunden zeigen. Du darfst nicht wütend sein. Du darfst nicht dein Herz verschenken. Du darfst dich nicht angreifbar machen. Du darfst dich nicht zeigen. Du darfst nicht die Kontrolle verlieren. Du darfst nicht aufbrausen. Usw.
Und einige Gebote. Du sollst gefallen. (Der kategorische Imperativ nach Facebook: „Handle stets so, dass dein Tun ein Like verdient.“) Du sollst perfekt sein. Du sollst dich anpassen. Du sollst … Ach, lassen wir das. Das alles zu lesen macht ja (hoffentlich) einfach nur wütend und traurig.
Viele von uns haben, gerade auch in Beziehungen, Angst vor großen Gefühlen. Diese Angst ist oft die Konsequenz aus vielfältigen Verboten, Geboten und anderen Glaubenssätzen. Eigentlich ist es egal, woher diese genau stammen. Aus unserer Kindheit, unserem Umfeld oder der Gesellschaft – wir würden sicherlich intensiver leben, wenn wir uns wenigstens einige von ihnen bewusstmachten und sie überprüften.
Was dann passieren würde? Das ist nicht in Worte zu kleiden. Das müssen Sie schon selber fühlen. Nur Mut – diese Angst überwindet man, indem man sich ihr stellt. Oben erwähnte ich ja bereits das Zauberwort: zulassen. Dann schrumpft die Angst wie ein Luftballon, aus dem Luft entweicht. Und an ihre Stelle treten schließlich die großen, lebensechten Gefühle, die immer schon in uns schlummerten und die nicht totzukriegen sind.