Was bedeutet es eigentlich, jemanden bedingungslos zu lieben? Wenn man sich das Wort genau ansieht, doch eigentlich, dass man jemanden liebt ohne Bedingungen daran zu knüpfen – also nur wegen seiner selbst
Bei bedingungsloser Liebe habe ich zunächst an die Liebe zu seinen Kindern gedacht oder meinetwegen auch an etwas Religiöses. Aber kann man seinen Partner wirklich bedingungslos lieben? Und wenn, ist das überhaupt gesund? Würde es nicht bedeuten, seine eigenen Bedürfnisse hinten anzustellen und den Partner zu lieben, egal was kommt und wie er sich verhält? Andererseits, ist das nicht genau das, was wir uns vor dem Traualtar versprechen: in guten wie in schlechten Zeiten?
Ich habe mich nun gefragt, welche Bedingungen ich an die Liebe zu meinem Partner knüpfe. Natürlich soll er treu sein und ehrlich und sich um mich kümmern. Aber das ist eigentlich noch nicht alles. Natürlich sind auch meine Wünsche an das Leben und unsere Zukunft daran gekoppelt. Heißt das dann, dass ich ihn nicht bedingungslos liebe? Wäre meine Liebe zu Ende, wenn er meine Bedingungen nicht erfüllen würde?
Nein, natürlich nicht. Und ich denke, man muss das isoliert voneinander betrachten. Die romantische Liebe zu einem Menschen kann durchaus bedingungslos sein. Natürlich würde ich meinen Freund auch noch lieben, wenn sich unsere Lebensumstände verändern würden, durch Krankheit, Jobverlust oder ähnliches. Aber nichtsdestotrotz halte ich es für ungesund, die eigenen Bedürfnisse in einer Beziehung aufzugeben, um den Partner „bedingungslos“ zu lieben.
War bedingungslose Liebe früher „leichter“?
Wenn ich über das Thema nachdenke, frage ich mich, ob die „Bedingungen“ nicht auch erst durch die hohen Ansprüche, die wir an unser Leben stellen, entstanden sind. Die Liebe meiner Großeltern zum Beispiel würde ich durchaus als bedingungslos beschreiben. Allerdings stand es damals auch nicht wirklich zur Debatte, sich um Ehe, Kinder oder ähnliches zu streiten. Wenn man sich liebte, wurde geheiratet – so schnell wie möglich. Und dann bekam man Kinder – so schnell wie möglich. Und wie sah es eigentlich mit Treue und Ehrlichkeit aus? Ich habe darüber nie konkret mit meinen Großeltern gesprochen, aber alleine die Möglichkeiten, mit Fremden in Kontakt zu treten, waren damals sehr beschränkt. Da konnte man sich höchstens in den Klaus vom Fußballverein vergucken, den man Samstag beim Beatabend oder Sonntag beim Spiel gegen die Erzrivalen aus dem Nachbardorf traf.
Bei meinen Großeltern hat die Liebe jedenfalls gehalten „bis dass der Tod sie schied“ und das auch durch sämtliche Phasen des Lebens und Veränderungen hindurch. Ob mehr oder weniger mittellos nach dem Krieg oder später wohlhabend, ob nach dem ersten oder nach dem fünften Kind. Ob gesund oder krank. Eben einfach bedingungslos.
Ist die Vorstellung von bedingungsloser Liebe zu romantisch?
Natürlich haben sich die Zeiten verändert, wir sind viel selbstständiger und unabhängiger von unserem Partner und der Familie. Aber dennoch ist die romantische Vorstellung einer bedingungslosen Liebe doch etwas Wundervolles: genau so angenommen zu werden wie man ist und egal in welcher Situation man sich befindet. Das verspricht absolute Sicherheit und Geborgenheit. Auch wenn diese Vorstellung wahrscheinlich etwas zu verklärt ist, weil nun mal jeder „seine Bedingungen“ hat, sollten wir uns vielleicht manchmal fragen, ob unsere „Bedingungen“ nicht etwas zu hart sind und ob wir den anderen nicht auch einfach so nehmen sollten, wie er ist.