Eine Flutwelle verletzter Gefühle

Keine Ruhepausen

Also gönnte ich mir keine Ruhepausen. Ich wollte mich durch meine Gefühle für dich nicht besiegen lassen. Ich wollte stark sein und mich nicht unterkriegen lassen. Du hast mir weh getan, aber deswegen würde ich sicher nicht am Boden zerstört sein.

Ich war wütend auf dich, dass du mich hängen gelassen hast. Dass du nicht an uns geglaubt hast. Dass du mich noch so lang fest gehalten und so diese Geister geschaffen hast, die sich jetzt an mich krallten. Und in meiner Wut wollte ich dir nicht auch noch die Genugtuung verschaffen, mich leiden zu sehen.

Das Fass läuft über

Nein, das wollte ich nicht zulassen. Und eine Weile ging das auch gut. Bis meine Mutter mich fragte, wo du wärst. Ich hätte einfach antworten können: Bei Freunden. Aber bei ihrem durchdringenden Blick konnte ich schon früher nicht lügen. Meine Mutter hätte dich gern als ihren Schwiegersohn gesehen, das weiß ich. Ihr würde es wahrscheinlich ebenso wehtun wie mir. Das brachte das Fass zum Überlaufen.

Der Damm bricht

Und ausgerechnet vor meiner Mutter, vor der man als erwachsene Frau bestimmt keine Schwäche zeigen will, brach ich zusammen. Es war, als würde ein sorgfältig und mühsam errichteter Damm brechen. Ich versuchte zu sprechen, aber es ging nicht. Aus meiner Kehle kamen nur krächzende Laute. Dafür lief das ganze Elend aus meinen Tränen heraus. Ich fühlte mich wie ein kleines Kind, dem man den Lolli weggenommen hat. Und ein bisschen tröstete mich meine Mutter auch so. Sie rieb mir über den Rücken und redete mir zu, wie sie es schon früher getan hat. Dieselben Worte. Nur dass ich jetzt eigentlich auf mich selbst aufpassen können sollte.

Eine Flutwelle verletzter Gefühle

Eigentlich. Aber eigentlich kann sich niemand immer zusammen reißen. Auch ich nicht. Bestimmt nicht, wenn mir das Herz bricht. Denn dann schwämmen die verletzten Gefühle wie eine Flutwelle durch meinen Körper und reißen alles um, was ihnen in den Weg kommt. Ich kann sie nicht einfach wegdrücken. Und ich kann auch nicht einfach die Augen verschließen und warten, dass es vorbei geht. Es geht erst vorbei, wenn ich mich meinem Kummer stelle. Und ihn durchlebe.


Weitere interessante Beiträge